Überraschende Details

Manchmal kommt es vor, dass wir Artikel von kenntnisreichen Journalisten finden, die ein kleines Detail unserer Welt erklären, an dem wir bisher achtlos vorübergegangen sind. Und plötzlich sehen wir zuvor nie Geahntes und in seiner Bedeutung völlig Unterschätztes. Zum Beispiel im Dienstwagenprivileg, im Weltpostverein oder in der Containerschiffahrt.

Ergänzung vom 13.02.2022: 
Oder die Sache mit dem Wasserverbrauch von 15.000 Litern für 1 kg. Rindfleisch

 

  • Florian Schwinn: Die Fleisch-Wasser-Lüge
    Ich sag’ es mit den Worten eines befreundeten Biobauern: „Neunzig Prozent der Narrative über die Landwirtschaft stimmen nicht oder sie stimmen so nicht.“ Im letzteren Fall sind die Fakten irgendwie korrekt, aber die Schlüsse, die aus ihnen gezogen werden, sind falsch oder unsinnig. So ist es auch mit dem Wasser, das die Produktion von Rindfleisch angeblich verbraucht.

    Virtuelles Wasser

    (...) Hier soll es ... um das Wasser gehen, das angeblich für die Fleischproduktion draufgeht. Seit Jahren geistert dieses Datum nun schon durch diverse Veröffentlichungen, taucht in vielen Artikeln und Beiträgen der Medien auf, wird von Moderatoren wie Markus Lanz nachgeplappert und von seinen Gästen als gegeben abgenickt: Die Produktion eines Kilos Rindfleisch verbraucht über 15.000 Liter Wasser.

    Jede Umweltorganisation hat das wohl schon mal behauptet, und das steht ja auch so im „Fleischatlas“, den die grüne Heinrich-Böll-Stiftung herausgibt. Man kann das nachlesen. Ich habe die Heinrich-Böll-Stiftung übrigens schon vor längerer Zeit gebeten, mir bitte mal zu erzählen, wie die Daten in den Fleischatlas gekommen sind. Keine Antwort – ist auch eine Antwort. Die Angabe hat es jedenfalls geschafft, zum Allgemeinwissen zu avancieren. Und das, obwohl, oder vielleicht sogar, weil sie genauso wenig stimmt wie die ganzen Generationen bekannte „Tatsache“, dass Spinat besonders viel Eisen enthält.
    (...)
    Die Ursache des immensen Wasserverbrauchs bei der Fleischproduktion ist eine Studie aus dem Jahr 2010 von Mesfin Mergia Mekonnen von der University of Nebraska und Arjen Hoekstra von der Universität Twente in den Niederlanden. Auch hier wird Wissenschaft also immerhin schon über ein Jahrzehnt lang falsch oder zumindest falsch verstanden kolportiert.

    Im Original heißt die Studie: „The green, blue and grey water footprint of farm animals and animal products.” Es geht hier also um grünes, blaues und graues Wasser. Nun ist Wasser farblos, auch das Wasser, das Nutztiere saufen. Die Studie kann es dennoch einfärben, es handelt sich nämlich um „virtuelles Wasser“, das benutzt wird, um den Wasser-Fußabdruck zu berechnen, also alles Wasser, was gebraucht wird, um ein Nutztier aufzuziehen. Das heißt mitnichten, dass dieses Wasser nachher fort ist. Es ist nicht verbraucht, es wurde nur gebraucht, unter anderem, um die Wiese wachsen zu lassen, auf der die Rinder weiden. Niemand würde dem Gras, dem Klee und den Kräutern auf der Wiese vorwerfen, sie hätten Wasser „verbraucht“. Den Rindern aber schon. Dabei haben die Pflanzen das Wasser genauso wieder abgegeben wie das Tier. Ob verdunstet oder ausgeatmet, rausgeschwitzt, weggepisst – wo ist der Unterschied? Am Ende ist das Wasser wieder im Kreislauf der Natur. Und das Kilo Fleisch enthält bei Erwachsenen zwischen sechzig und siebzig Prozent Wasser, das Blut mitgerechnet. Das gilt für Rinder genauso wie für Menschen. In einem Kilo Rindfleisch steckt am Ende ein halber Liter Wasser. Wie hat das Rind zu Lebzeiten dann die restlichen 14.999,5 Liter Wasser „verbraucht“?

    Säuft ein Rindvieh am Tag über 11.000 Liter Wasser weg? Das wäre die Summe, auf die man kommt, wenn man das Schlachtgewicht eines Bullen bei einer Mastdauer von achtzehn Monaten mit den 15.000 virtuellen Litern zusammenrechnet, die angeblich in jedem Kilo Rindfleisch stecken. Das Tier müsste, bei einem Schlachtgewicht von vierhundert Kilo, in seinem kurzen Leben über sechs Millionen Liter Wasser saufen. Jeder Milchviehhalter weiß, dass eine Kuh, die sagen wir dreißig Liter Milch am Tag gibt, dafür rund hundert Liter Wasser braucht; wenn es warm ist etwas mehr, wenn es kühl ist weniger. Dreißig Liter davon gibt sie sofort wieder ab, die stecken in der Milch. Ein Mastbulle von fünfhundert Kilo Lebendgewicht säuft weniger als die Hälfte.

    Verschwundenes Wasser

    Wo ist also der Rest des Wassers hingeraten? Nirgendwohin. Er ist immer noch da, wenn das Rind geschlachtet ist. Wirklich verbraucht wäre nur das, was verschmutzt wäre und nicht mehr zu reinigen. Für Verschmutztes steht in der Studie mit dem vielfarbigen virtuellen Wasser das graue. Das ist das, was bei der Produktion zum Beispiel zur Reinigung verwendet wird. Das wären dann pro Kilo Rindfleisch angenommene 450 Liter, wobei auch dieses Wasser nachher ja nicht fort ist. Es muss vielleicht nur einmal durch die Kläranlage. Und das blaue Studienwasser ist das, was aus Gewässern oder Grundwasser entnommen wird. Das wären bei unserem Kilo Rindfleisch rund 550 Liter. Aber auch dieses Wasser steckt nicht dauerhaft im Rind. Es ist nachher noch immer im Wasserkreislauf vorhanden. Wobei 550 Liter Wasser nur in den riesigen Tieren etwa der Fleischrasse Charolais zwischengespeichert sein müssten, denn nur die bringen so viel Gewicht auf die Waage, dass ihre Körper so viel Wasser enthalten können. Und nicht alles davon haben sie im Stall aus der Tränke gesoffen. Wenn es Weidetiere sind, dann haben sie das meiste Wasser wohl mit dem Kleegras aufgenommen, dem wir ja nicht vorwerfen, dass es Wasser „verbraucht“. Also nehmen wir mal den größten Charolais-Bullen, dem ich bisher gegenübergestanden bin. Er soll knapp zwölfhundert Kilo gewogen haben und war so mächtig, dass ich ihn ungern zur Waage geführt hätte. Aber auch dieser riesige Rinderkörper enthielt dann nur rund achthundert Liter Wasser. So viel wie zwölf bis fünfzehn Menschen, je nach Gewicht.

    Und der ganze Rest der unsäglichen – um mal wissenschaftlich genau zu sein – 15.415 Liter Wasser, die das Kilo Rindfleisch verschlungen hat, ist natürlich vorkommendes Regen- und Bodenwasser. Das fließt durch die Äcker und Weiden oder regnet auf sie hernieder, auch wenn auf denen kein Viehfutter wächst und keine Rinder weiden. Stellen wir uns nur mal vor, was ein Feldhase oder ein Kaninchen an Wasser verbraucht, wenn wir ihm die zwei Hektar Weide allein überlassen, statt darauf fünf oder sechs Rinder grasen zu lassen. Oder, um zurück zu kommen zu Markus Lanz und seinem Studiogast Peter Wohlleben, dem bestsellernden Oberförster, der zum Beispiel in der Sendung am 27. Juli vergangenen Jahres für Wald statt Weiden plädierte: Auch der Wald, wenn er dort stünde, wo jetzt Weide ist oder Viehfutter wächst, „verbraucht“ dieses Wasser, so es denn herniederregnet. Oder um es mit dem Demeter-Bauern Dieter Euler aus Hessen zu sagen: „Auch ein Naturschutzgebiet verbraucht dieses Wasser.“ Nach der Logik des Fleischatlanten der Heinrich-Böll-Stiftung und anderer ähnlicher Veröffentlichungen, nach der wir ja Wasser sparen, wenn wir auf Fleisch verzichten, könnten wir auch Wasser sparen, wenn wir Naturschutzgebiete abschaffen.
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  • Jens Berger: Lassen Sie uns doch mal über Verkehr reden – Teil 6: SUV-Verbotsdebatte – Zeit für ein wenig mehr Sachlichkeit

     Als Reaktion auf einen grausamen Unfall in der Berliner Innenstadt, der vier Passanten das Leben kostete, entbrennt eine emotional geführte Debatte. Einzelne Politiker von Grünen und SPD fordern bereits ein Verbot von SUVs. Doch derartige Forderungen sind – so berechtigt sie im Kern sind – eine Phantomdebatte, da ein derartiges Verbot in der Praxis ohnehin kaum sinnvoll zu formulieren wäre. Dabei gäbe es mit der Überarbeitung des Dienstwagenprivilegs und den Abschreibungsrichtlinien für Firmenwagen ein sehr mächtiges Schwert, um die „Panzer auf vier Rädern“ zumindest zum größten Teil von unseren Straßen zu vertreiben.
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    Firmen- und Dienstpanzer auf vier Rädern
    Zunächst muss man die Frage stellen, wer sich denn überhaupt so einen „Panzer auf vier Rädern“ kauft, dessen Preis meist sechsstellig ist. Die Antwort ist ebenso ernüchternd wie einfach: Fast niemand. Die großen Luxus-Geländewagen, um die es im Kern bei der Debatte ja geht, werden fast ausschließlich von „Gewerbekunden“ geleast. Beim Audi Q7 beträgt der Anteil gewerblicher Kunden laut KBA-Neuzulassungsstatistik 76,8%. Beim BMW X5 sind es 77,3%, bei der GL-Klasse von Mercedes 93,4%, beim Porsche Cayenne 76,5% und beim VW Touareg 86,2%. Diese Zahlen sind von überragender Bedeutung, wenn man darüber debattiert, wie man diese Ungetüme von den Straßen bekommen kann.

    Die gewerbliche Nutzung umfasst zwei Seiten: Zum einen handelt es sich aus Sicht der Nutzer selbst um sogenannte Dienstwagen, die Angestellten zur dienstlichen und privaten Nutzung als Lohnersatzleistung auch zur privaten Verfügung überlassen werden. Dies schließt in der Regel übrigens sämtliche laufenden Kosten, inklusive der Kraftstoffkosten an der Tankstelle, mit ein. Als Ausgleich muss der Nutzer eines Dienstwagens ein Prozent des Listenpreises als Lohnersatzleistung versteuern. Kostet ein Wagen laut Liste also 100.000 Euro, muss der Angestellte 1.000 Euro pro Monat versteuern. Bei einem angenommenen Einkommensteuersatz von 30% wären dies 300 Euro Gesamtkosten, die wohlgemerkt sämtliche Kosten, inkl. Wartung, Spritverbrauch, Reparaturen etc. beinhalten. Diese 1%-Regelung kann übrigens auch von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft in Anspruch genommen werden, die dort selbst als Geschäftsführer tätig sind. Diese Subvention nennt sich Dienstwagenprivileg und ist eine der tragenden Säulen der Lobbypolitik der deutschen Automobilhersteller.

    Die zweite Seite ist die Sicht des Unternehmens. Die Kosten für das Leasing und die Betriebsausgaben – inkl. Kraftstoffkosten – können und werden vom Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung voll als Kosten eingerechnet. Wenn der Gesellschafter sich als Geschäftsführer einen Porsche Cayenne mit einer Leasingrate von 2.000 Euro pro Monat genehmigt und für 800 Euro im Monat Tankquittungen einreicht, entstehen für das Unternehmen 2.800 Euro Kosten, die voll auf das Betriebsergebnis anrechenbar sind und am Ende des Geschäftsjahres den entstandenen Gewinn und damit die Steuerlast drücken.

    Von Seiten des Gesetzgebers gibt es also zur Zeit für Unternehmen und Unternehmer keine Anreizsteuerung, preiswerte, kleine und spritsparende Fahrzeuge zu nutzen. Im Gegenteil – wer seine Kraftstoffkosten 1:1 abrechnen kann, überlegt sich nicht zweimal, ob er „kostenlos“ privat mit dem eigenen Wagen fährt oder den Weg umwelt- und klimafreundlich mit der Bahn zurücklegt. Ob der Dienstwagen mit Strom fährt, drei oder zwölf Liter Benzin auf einhundert Kilometer verbraucht, ist ebenfalls für den Nutzer des Dienstwagenprivilegs einerlei, da er selbst am Ende stets kostenfrei fährt.

    Diese simple Wahrheit ist übrigens auch ein Dämpfer für diejenigen, die nun SUVs über den Umweg höherer Mineralölsteuern oder einer CO2-Steuer „unattraktiv“ machen wollen. Wenn es dem Fahrer vollkommen egal sein kann, was der Liter Benzin oder Diesel kostet, kann man auch über die Besteuerung des Kraftstoffs keine Lenkungswirkung ausüben. Besonders delikat: Da auch der Steueranteil im Kraftstoff bei Dienstwagen indirekt über die Kosten die Gewinne senkt und so die Steuerlast des Unternehmens drückt, würde der Staat auf diesem Weg die höheren Steuern für Kraftstoffe über niedrigere Körperschaftssteuern ebenfalls „quersubventionieren“. Letztlich zahlt die Rechnung in diesem Fall der Privatmann – egal ob er einen Porsche Cayenne oder einen VW Lupo fährt.
     
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  • Jens Berger: Eklat beim Weltpostverein – Wenn Trumps Protektionismus nebenbei womöglich mehr für das Klima tut als der Klimagipfel der Bundesregierung

    Wer sich heute als deutscher Endkunde ein T-Shirt per Luftpost aus China bestellt, bezahlt dafür oft nur zwei Euro – selbstverständlich inkl. Versandkosten. Möglich ist dieser ökologische und ökonomische Wahnsinn nur dank einer massiven Subventionierung.
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    Wer heute mit der Deutschen Post eine Warensendung unter zwei Kilogramm von Köln nach Düsseldorf schicken will, muss diese Sendung als Päckchen verschicken und zahlt dafür 4,50 Euro. Wer jedoch das gleiche Päckchen aus Peking per Luftpost nach Düsseldorf schicken will, zahlt laut Branchenschätzungen nur rund 1,30 Euro – wovon die Deutsche Post als Auslieferer an den deutschen Endkunden rund [*] 25 Cent abbekommt.

    Was unglaublich klingt, ist die Folge einer durchaus gut gemeinten Regelung des Weltpostvereins, die vor mehr als 100 Jahren eingeführt wurde. Um Briefe weltweit zu überschaubaren Kosten versenden zu können, haben sich alle Mitglieder des Weltpostvereins, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, der 193 Staaten angehören, verpflichtet, einheitliche Gebühren für die Zustellungen von Briefsendungen aus dem Ausland zu erheben. Um es ärmeren Absendern aus Entwicklungsländern überhaupt zu ermöglichen, Briefe in Industrieländer zu schicken, übernehmen die – damals noch ausnahmslos staatseigenen – Postdienstleister in den Industrieländern die Kosten für die Briefzustellung nahezu vollständig.

    Was eigentlich fair klingt, hat sich im letzten Jahrzehnt durch den boomenden E-Commerce jedoch zu einer grotesken Situation entwickelt. Als Brief gelten laut Weltpostverein nämlich auch alle Warensendungen bis zu einem Umfang von 90 cm und einem Gewicht von zwei Kilogramm und China gilt in den Reglements immer noch als Entwicklungsland. Die logische Konsequenz dieser veralteten Rahmenbedingungen war, dass sowohl über westliche Handelsplattformen wie Amazon oder eBay als auch über die immer populärer werdenden chinesischen Plattformen wie Aliexpress oder Wish immer mehr chinesische Händler ihre Produkte direkt an die Endkunden in den Industrieländern schickten und dafür minimale Versandkosten in Rechnung stellen konnten, die in der Regel gar nicht mehr explizit ausgewiesen werden. Dieser ökologische und ökonomische Wahnsinn führt auch zu nachgelagerten Problemen, auf die wir hier nur kurz eingehen wollen. So entziehen sich die chinesischen Händler meist durch falsche Angaben zum Warenwert der Zollpflicht und der Umsatzsteuer und sämtliche Verbraucherschutzregelungen sind nur Makulatur, wenn der Händler juristisch nicht greifbar ist und eine Rücksendung ökonomisch keine Alternative ist. Leidtragend sind auch die inländischen Händler, die dank der grotesken Subventionierung ihrer chinesischen Mitbewerber handfeste Wettbewerbsnachteile haben.

    Wie hoch diese Subventionierung ist, zeigt ein sehr anschauliches Beispiel. Wer auf der chinesischen Plattform Aliexpress vier Jeans eines bestimmten Typs (Stückpreis 18,50 Euro) bestellt, zahlt mit der Versandform „China Post Luftpost“ und dem Briefformat nach den Standards des Weltpostvereins „EMS ePaket“ überhaupt keine Versandgebühren. Der Standard-Paketversand-Tarif des Weltpostvereins schlägt bereits mit 62,74 Euro zu Buche; private Paketdienstleister wie Fedex oder DHL verlangen sogar bis zu 98,39 Euro. Das ist sicherlich „sportlich“ kalkuliert, lässt aber den Umfang der Subventionen durch die über einhundert Jahre alte Sonderregelung für den Briefverkehr aus Entwicklungsländern erahnen.
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    Vor diesem Hintergrund wirkt die – in zahlreichen deutschen Medien wie dem Manager Magazin kritisierte – Drohung der USA, einseitig aus dem Weltpostverein auszutreten, wenn man die Endvergütungen („Terminal Dues“) für Warensendungen aus China nicht massiv erhöhen darf, sowohl ökonomisch als auch ökologisch sogar zwingend.
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  • Dagmar Henn: Der blinde Fleck

    Wenn heute die große Volksgemeinschaft der Klimafreunde auf die Straße geht, dann gibt es ein Thema, mit dem sie sich gewiss nicht befasst: die Containerschifffahrt. Eigenartig, oder? Schließlich sind Containerschiffe so ziemlich die größten Dreckschleudern und CO2-Emittenten, die man sich denken kann.

    „Allein die fünfzehn größten Schiffe der Welt stoßen pro Jahr so viele Schadstoffe aus wie 750 Millionen Autos,“ (1) berichtete das Schweizer Fernsehen unter dem charmanten Titel ‚Das schmutzigste Gewerbe der Welt‘ und berief sich auf eine Studie des Naturschutzbundes (2). Und diese fünfzehn größten Schiffe sind mit hoher Wahrscheinlichkeit in deutschem Besitz.

    Nur selten ist von diesen Schiffen zu hören. Eine der wenigen Erwähnungen der Schiffe in deutschem Besitz findet sich auf der Seite des Verteidigungsministeriums (3): „Deutsche Reedereien besitzen die viertgrößte Handels- und die größte Containerschiffsflotte der Welt.“ Wenn man es noch genauer sagen will: über die Hälfte der größten Containerschiffe haben deutsche Besitzer.
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    Übrigens ist auch die transatlantische Treue für die Pfeffersäcke und ihre politischen Ableger kein Selbstzweck; wer die größte Containerflotte betreibt, hat gern ein wenig militärischen Schutz in brenzligen Gegenden, und es ist immer noch günstiger, den bundesdeutschen Steuerzahler die Dienste der US-Navy entgelten zu lassen, als für andere Varianten womöglich selbst Steuern zahlen zu müssen.

    Denn selbstverständlich kann man davon ausgehen, dass nicht nur die Flaggen, unter denen diese Schiffe fahren, nicht deutsch sind (weil man damit keine deutschen Tarife zahlen muss), sondern auch die Firmen, die die Schiffe betreiben, in irgendeinem Steuerparadies angesiedelt sind; deutsch ist da nur das Geld, das in die Schiffe geflossen ist, und die Eigentümer, die gelegentlich die Schecks einstreichen.

    Es wäre übrigens, so der Bund Naturschutz, gar nicht so teuer, zumindest Ruß und Schwefel aus den Abgasen der Schiffe zu entfernen. 500 000 Euro kostet so eine Anlage, für ein Schiff, das hundert Millionen Euro kostet. Ein Schnäppchen, geradezu. Aber schon klar, Rendite ist wichtiger.

    Dabei wäre das die wirkungsvollste CO2-Steuer, und sie würde weder die Pendler noch die Armen belasten: eine Strafsteuer für die Eigner der Containerschiffe, sofern diese nicht nachweisen können, dass ihre Schiffe auf die aktuell mögliche umweltfreundlichste Art betrieben werden. Wie oben bereits zitiert, fünfzehn Schiffe entsprechen 750 Millionen Autos. Hier mal zu den Daumenschrauben zu greifen und die Gelegenheit zu nutzen, weil die Eigner ja Landsleute und damit dem deutschen Recht unterworfen sind, wäre wirkungsvoll und nützlich. Und es müssten nur jene verzichten, denen es im Alltag ohnehin nicht auffallen dürfte.
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