Meine Haltung gegenüber „Rechts“

Von Bernhard Meyer

Neulich hat mich jemand gefragt, ob ich meine Haltung gegenüber „Rechts“ geklärt habe. Mich hat diese Frage
überrumpelt, deshalb habe ich nachgedacht. Die Frage würde ich heute so beantworten:
Du kämpfst gegen Rechts? Ich auch. Mein Herz schlägt links, daher möchte ich Frieden und soziale Gerechtigkeit
und stehe auf der Seite der Armen und Unterdrückten. Rechts vertritt das Gegenteil. Gegen deren Einfluss
wehre ich mich. Seit ein paar Jahren ist mir bewusst geworden, dass hier seit mindestens 20 Jahren rechte Politik
betrieben wird, zum Teil extrem rechte. Z.B. hat die Bundeswehr zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg
wieder Krieg geführt und sich 1999 am Bombardement von Jugoslawien beteiligt. Es war ein Krieg gegen
das Völkerrecht und gegen das Grundgesetz. Aus Willy Brandts und Egon Bahrs Außenpolitik des Interessenausgleichs,
des Zuhörens, des Verhandelns und der Diplomatie haben die wieder eine mit Aggression, Krieg
und Propaganda gemacht. Deutschland führt bis heute Krieg in Afghanistan, in Syrien mit Flugzeugen und
hundsgemeinen Sanktionen gegen die Bevölkerung. Die Bundeswehr steht in Mali und anderswo, wo sie nichts
zu suchen hat. Das alles empfinde ich als extrem rechts.

Bundeskanzler Schröder rühmte sich in Davos, in Deutschland den größten Niedriglohnsektor eingeführt zu haben.
Mit der Agenda 2010 haben sie unseren Sozialstaat massiv abgebaut und für viele Menschen Not und
Elend eingeführt einschließlich einer Garantie auf Altersarmut. Diese Politik führte zur Verarmung der unteren
Schichten zugunsten einer immer kleineren aber reicheren Minderheit. Diese unterdrückende Politik, die ausschließlich
einer kleinen Elite von Superreichen Vorteile verschafft, halte ich für extrem rechts.

Um diese Politik zugunsten der Oligarchie durchzusetzen, bedarf es einer Presselandschaft, die diese Vorgänge
vor der breiten Mehrheit verhüllt. Im Ergebnis haben wir heute zwar viele Zeitungen und mehrere Rundfunksender,
aber darin ein extrem schmales Meinungsspektrum, das diese sozialen Zustände und die aggressive Außenpolitik
stützt. Daneben entstand auch eine Unkultur der Gedankenkontrolle mit der sogenannten „political
correctness“. Mit einem immer strengeren Regiment halten (selbsternannte?) Wächter, die Bevölkerung auf
dem engen Grat des Mainstreams. Wer vom engen Tugendpfad abweicht, wird schnell mit einer Etikettierung
bestraft, die in vielen Fällen die Karriere kostet: Verschwörungstheoretiker, Rassist, Antisemit. Ich halte diese
Situation der Medien und der neuen sozialen Kontrolle für unfrei und weit rechts.

Gegen diese Rechtsentwicklung wehre ich mich. „Kampf gegen Rechts“ heißt für mich also Kampf gegen die
Parteien, die uns das alles eingebrockt haben: SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU. Weil sie das gemacht haben, sind
es in meinen Augen radikal rechte Parteien. Die AfD passt mir nicht, aber sie war in keiner Regierung beteiligt
und hat daher auch nichts von den oben angeführten Schandtaten verbrochen. Sie sind ein Ärgernis, weil sie das
Sinnbild für die bösen Rechten geworden sind und daher von den tatsächlich Rechtsradikalen der Regierungsparteien
ablenken. Sie dienen den Parteien, die das radikal rechte System geschaffen haben und daran weiterbauen,
als willkommene Ablenkung, als Sündenbock, Popanz, oder Strohpuppe, die man mit viel Halali jagt
und feierlich auf dem Marktplatz verbrennt. Wer dabei ist, gehört zu den Guten und kann im Bundestag mit gefühlt
gutem Gewissen weiter für Krieg und Sozialkürzungen stimmen.

Eine Erklärung ist noch wichtig: Fälle wie der von Oury Jalloh, der höchstwahrscheinlich von Polizisten in einer
Dessauer Gefängniszelle angezündet und verbrannt wurde und mehrere hundert anderer Morde an Flüchtlingen,
begangen von rechtsextremen Bürgern (und auch Beamten), sind offensichtliche Verbrechen, die zurecht
Entsetzen hervorrufen und wo wir heftig Aufklärung und Bestrafung verlangen müssen. Diese Fälle und
die oben dargestellte extrem rechte Politik dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Und wenn einer
sagt: „Wehret den Anfängen!“, dann sage ich, es hat schon lange angefangen, schon viele Jahre vor der AfD.
Und ein kluger Mensch hat gesagt: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus
» Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus».“ Was bedeutet, dass es nicht genügt, nach braunen
Hemden auszuschauen, wenn wir Wache halten und auf der Hut sein wollen.

Parallel zur obengenannten Gretchenfrage nach meiner „Haltung“ zu rechts, gibt es noch die Forderung nach
„Abgrenzung“ von rechts, sonst gilt man womöglich als „rechts-offen“ oder „bedient rechte Positionen“ usw.
Abgrenzung zu Parteiprogrammen, zumindest zu einzelnen Programmpunkten kann sinnvoll sein. Aber eine
Abgrenzung gegen Personen möchte ich ausschließen (von besonderen Fällen abgesehen, die auf persönliches
Erleben beruhen). Wenn ein AfDler eine gute Idee hat, möchte ich sie unterstützen oder wenn ein AfD-Parlamentarier
eine interessante Anfrage stellt, möchte ich die Antwort auch für mich nutzen können und womöglich
mit ihm eine gemeinsame Recherche durchführen. Der Vorwurf von Kontaktschuld ist dumm und zersetzend.
Klaus Ernst, Linker aus Bayern, hat für den Migrationspakt gestimmt, weil die AfD dagegen war, so seine Begründung.
Und wenn die Presse einen AfDler unfair behandelt, so hat der meine Unterstützung ebenso verdient,
wie ich seinerzeit Philipp Jenniger verteidigt habe oder Günther Grass oder Christian Wulff, als sie von der
Pressemeute zerfleischt wurden und viele Mitmenschen bedenkenlos mit den Wölfen heulten.

Nachtrag vom 12.04.2019

Meine Haltung zu „Rechts“ - Ergänzung

Mir ist aufgefallen, dass in meinen Überlegungen zu „Rechts“ ein wichtiger Aspekt fehlt, nämlich:
Israel, Wikipedia, Psiram & Co.

Debattenräume

Seit vielen Jahrzehnten hält Israel das Westjordanland und den Gaza-Streifen besetzt und unterdrückt die dort
lebende Bevölkerung, die Palästinenser. Wer das kritisiert oder überhaupt nur anspricht, erhält sehr schnell das
Etikett „Antisemit“ angeheftet. Veranstaltungen zum Thema, seien die Redner Juden wie Moshe Zuckermann
oder Rolf Verleger, seien es engagierte Journalisten wie Andreas Zumach oder Vereine, wie der Verein Flüchtlingskinder
im Libanon e.V. mit ihrer Nakba-Ausstellung, alle erleben, dass wenige Tage vor dem Ereignis
Schwierigkeiten auftauchen. Die Mietverträge für die Veranstaltungsräume werden zurückgezogen, weil die
Vermieter unter Druck gesetzt werden, ihre Räume nicht zu vergeben an angebliche „Antisemiten, die das Existenzrecht
Israels bestreiten“. Vor dem Veranstaltungsort tauchen oftmals Demonstranten auf, die mit lautstarken
Diffamierungen die Veranstaltung stören. In Baden-Württemberg hat sich damit die Deutsch-Israelische
Gesellschaft in Stuttgart besonders hervorgetan.

Auch bei anderen Themen kann man das gleiche Muster erkennen: Über Hermann Ploppa, Daniele Ganser oder
Ken Jebsen wurden Kübel von Diffamierungen ausgeschüttet, von „Verschwörungstheoretiker“, „Anitamerikanismus“
bis „Antisemit“, um Veranstaltungen zu verhindern. Besonders unwürdig für die Linkspartei hat sich
der Streit um Ken Jebsen in Berlin ausgetobt, wo ein Teil der Partei ohne Rücksicht auf Tatsachen und den vehementen
Protest zahlreicher Parteimitglieder die Antisemitismus- und Querfront-Vorwürfe gegen Jebsen aufrecht
hielt und eine Preisverleihung zu verhindern suchte.

Diese Vorgänge empfinde ich als beängstigend unfrei und unterdrückend. Diese Leute sind auch nicht bereit
mit den Veranstaltern zu diskutieren, sie wollen einfach ihre Position durchsetzen und die Veranstaltung verhindern.
Wenn wir zulassen, dass autoritäre Gruppen bestimmen, worüber Vorträge gehalten werden dürfen
und worüber nicht, bedeutet es den Verlust von Meinungsfreiheit. Nach meiner Orientierung ist das rechtsextrem.
Mit dem Begriff Faschismus gehe ich vorsichtig um, in diesen Fällen sehe ich aufseiten der Verhinderer
und Diffamierer faschistoides Verhalten. Dagegen müssen wir uns entschieden wehren.

Wikipedia, Psiram & Co.

Es hat sich leider gezeigt, dass aus der schönen Idee der Wikipedia bei politischen Themen ein Propagandainstrument
für eine bestimmte Richtung geworden ist, nämlich für transatlantische NATO-Politik. Nicht nur wer
der Politik Israels kritisch gegenübersteht, sondern auch der aggressiven, imperialistischen NATO mit ihren
Kriegen, den Drohnenmorden und verdeckten Einmischungen in andere Länder, der sieht plötzlich seine Einträge
in der Wikipedia derart verändert, dass sie bis zur Existenzvernichtung rufschädigend werden. Wer dort das
Etikett, „Verschwörungstheoretiker“, „rechts-offen“, „Antisemit“ usw. verpasst kriegt, erhält plötzlich markant
weniger Einladungen zu Vorträgen, seine Publikationen werden in wichtigen Zeitungen nicht mehr rezensiert
und wer sich dennoch mit ihnen befasst, bekommt zu spüren, was „Kontaktschuld“ bedeutet. Auf diese bedrohliche
Entwicklung nach Rechts haben Markus Fiedler und Dirk Pohlmann aufmerksam gemacht und wichtige
Aufklärung geleistet.

Selbst wenn sich jemand erfolgreich juristisch gegen Diffamierung in der Wikipedia wehren konnte, so hat das
immer noch keinen Einfluss auf bestimmte vollkommen anonyme Webseiten, wie Psiram u.a., die diffamierende
Behauptungen aufrecht halten. Und Psiram gilt in Wikipedia immer noch als seriöse Quelle, anders als die
NachDenkSeiten, Telepolis, oder der Rubikon.

Ich habe zu Beginn kurz erklärt, was ich für „links“ halte: Parteiergreifen für Besitzlose und ein aufgeklärtes,
humanes, friedlich und gerechtes Zusammenleben von Menschen; „rechts“ ist das Gegenteil davon: Privilegien,
Unterdrückung, Lüge, Einmischung, Aggression, Krieg, Mord. Nach diesen Kriterien verorte ich die oben geschilderten
Verhältnisse als ziemlich weit rechts. „Kampf gegen Rechts“ heißt für mich also, mich auch gegen
sie zu wehren.