Lesefrüchte

September 2019

Hier sammeln wir Artikel, die auch über den Tag hinaus interessant sind.
Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, verschieben wir ältere Empfehlungen ins „Archiv“.

 

  • Zweimal Greta und Klima und Streit

    Zwei Texte zum Streit ums Klima und das Greta-Phänomen. Im einen bedauert Julia Szarvasy den emotional heftigen Streit um den menschengemachten Anteil am Klimawandel, wobei doch dicht daneben, neben der C02-Frage, so viel Gemeinsamkeiten darin bestehen, dass die Umwelt geschützt und die Resourcenverschwendung gestoppt werden muss. Im zweiten hat uns Thomas Röper einen russischen Fernsehkommentar zum Greta-Phänomen übersetzt, der eine ziemlich andere Sichtweise offenbart als in den Westmedien. Im Folgenden zwei Leseproben aus beiden Artikeln:

    Julia Szarvasy: Spaltung durch Klimadebatte. Wenn aus Freunden Feinde werden

    Neulich in der Badischen Zeitung wurden die Leser befragt, ob sie auch zu FFF auf die Straße gehen würden. Antwortmöglichkeit Nr. 1: „Ja, ich unterstütze den Klimastreik.“, Antwortmöglichkeit Nr. 2: „Nein, die Umwelt ist mir egal.“ Keine weiteren Antwortmöglichkeiten. Da hab ich mich fast ein bisschen veräppelt gefühlt, denn obwohl ich noch nie bei FFF war und vermutlich auch künftig nicht dort hingehen werde, liegt mir die Umwelt sehr am Herzen. Aber eins nach dem anderen.
    (...)
    NuoViso wurde wieder freigeschaltet, was großartig ist, aber ganz plötzlich war von Solidarität nichts mehr zu spüren, denn ein neues Schreckgespenst der Spaltung hatte sich unter uns geschlichen: Die Debatte über den menschgemachten Klimawandel.

    Je mehr ich über den Klimawandel gelesen und gehört hatte, umso weniger konnte ich mich zu einer eindeutigen Meinung hinreißen lassen. Ich finde es anmaßend und nicht zielführend, dass manche Leute mich und andere Unentschlossene trotzdem geradezu nötigen, man möge sich doch nun endlich mal positionieren. Richtig übel wird es dann aber, WENN man sich positioniert hat: Dann wird von der „Gegenseite“ beleidigt, beschimpft und ausgelacht. Das ungewohnte und tragische daran ist, dass es diesmal nicht mehr die Mainstreammedien sind, die diese neue Spaltung und produzieren, nein, der Meinungskrieg tobt jetzt inmitten der alternativen Medien selbst. Er zerstört Freundschaften, Zusammenarbeiten, stiftet Zweifel gegenüber Kollegen und Unfrieden in Redaktionen, er zerstört das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Die Debatte um den Klimawandel wird nicht nur sehr emotional geführt, weil jeder Recht haben möchte. Sie erzeugt auch tiefes Misstrauen und den Verlust von gegenseitigem Respekt untereinander. Sobald jemand dem IPCC Glauben schenkt, ist er für den einen auf einmal ein NWO-Agent und sobald ein anderer dem IPCC nicht traut, gilt er für manche als AfD-manipulierter Naivling oder Schlimmeres. 
    (...)
    Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass durch die neue Spalterei unsere gut gestartete Bewegung auseinanderreißt. Wenn mal jemand eine vollkommen andere Meinung in puncto Klima hat, dann lass ihm die doch einfach und sprich ihm nicht Intelligenz und Urteilskraft ab und entfreunde ihn nicht gleich bei Facebook. Das ist nämlich oppositioneller Selbstmord.
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    Ich fasse zusammen: Geht es um die Abschaffung von fossiler Brennstoffnutzung, Betonverbauung, Waldrodung und Massentierhaltung können sich Klimaleugner und Klimaaktivisten die Hand reichen, denn diese Dinge sollten auch ganz ohne das Vorhandensein von CO2 auf den Müllhaufen der Geschichte befördert werden. Des einen Klimaschutz ist des anderen Umweltschutz sozusagen.

     

    Thomas Röper: Der neue Kinderkreuzzug? Das russische Fernsehen über den Greta-Hype  (Übersetzung Thomas Röper)

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    Am 23. September verkündete Ministerpräsident Medwedew die Unterzeichnung eines Regierungsdekrets, in dem Russland sich zum Pariser Klimaabkommen bekennt. Damit wurde Russland der 187. Staat, der an diesem globalen Umweltprojekt beteiligt ist. Das Thema Umwelt ist ein großes Thema und auf internationaler Ebene kommt es deswegen aus irgendeinem Grund oft zu Streit.

    Greta Thunberg ist ein 16-jähriges Mädchen aus Schweden, dessen Name inzwischen alle kennen. Sie hielt vom Podium des UN-Umweltgipfels eine panischen Rede über das drohenden Ende der Welt.

    „Menschen sterben. Ganze Ökosysteme sterben. Wir stehen am Rande eines Massensterbens und Ihr diskutiert nur über Geld und erzählt Märchen über endloses Wirtschaftswachstum. Wie könnt Ihr es wagen? Ihr lasst uns im Stich. Aber junge Leute beginnen zu erkennen, dass Ihr sie verratet. Alle zukünftigen Generationen schauen auf Euch. Und wenn Ihr uns bewusst verratet, sage ich Euch: Wir werden Euch niemals vergeben. Wir werden es Euch nicht erlauben, das ungestraft zu tun“ erklärte Greta.

    Sie ist Umweltaktivistin. Freitags schwänzt sie die Schule, um an dem Tag gegen die Klimaerwärmung zu kämpfen. Sie ist nicht mit dem Flugzeug zum Öko-Gipfel in New York gekommen, das verschmutzt ihr die Luft zu sehr und so segelte sie auf einer Segelyacht über den Atlantik. Die Yacht selbst wurde im Auftrag der Rothschilds gebaut, die Strecke dauerte mehrere Wochen, weil der Hilfsmotor aus Liebe zur Natur verplombt war. Greta Thunberg kam bei den Vereinten Nationen an, um Angst zu machen.

    Das Kind selbst hat fast Todesangst. Die Angst wird durch das Asperger-Syndrom verstärkt. Das ist eine Form von Autismus, die sich durch Besessenheit von einem Thema, fehlende Selbstkritik und im Ergebnis durch eine Störung sozialen Kontaktfähigkeit ausdrückt. Gretas Mutter sagt, die Krankheit gebe ihrer Tochter „Superkräfte“.

    Greta mit den „Superkräften“ wurde vom schwedischen PR-Spezialisten Ingmar Rentzhog entdeckt. Er hat Greta im Internet bekannt gemacht, einen Film über sie gedreht verdient nun mit ihrem Image Geld. Als er beschuldigt wurde, dass er ein krankes Mädchen für seinen Profit ausnutzt, indem er auf Umweltfragen spekuliert, war Greta Thunberg bereits der schillerndste Medienstar und sogar Kandidatin für den Friedensnobelpreis. Jetzt machen alle möglichen Lobbygruppen Jagd auf das Mädchen. Sie wurde bereits mit LGBT-Flagge und auch einem Plakat fotografiert, auf dem zu Klimastreiks in Russland aufgerufen wird. In den USA wird sie sogar gegen Trump in Stellung gebracht.
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    Verbessert Greta Thunberg wirklich das Klima auf der Erde? Schwer zu sagen. Experten nehmen sie nicht ernst, die Politik nimmt sie auch nicht ernst. Es ist wohl eher eine recht erfolgreiche kommerzielle Show, deren Regisseure auf das Mitleid der Leute mit dem Kind spekulieren, während sie die Angst vor dem Ende der Welt schüren. Allerdings ist es inzwischen gefährlich, das heute im Westen laut zu sagen.

    Das erlebte der Experte im Studio des amerikanischen TV-Senders FOX News, Michael Knowles, der es wagte, folgendes zu sagen: „Bei der Bewegung der Klimahysterie geht es nicht um Wissenschaft. Wenn es um Wissenschaft ginge, dann würde die Diskussion von Wissenschaftlern geführt werden, nicht von Politikern und einem geistig nicht gesunden schwedischen Mädchen, die von ihren Eltern und der internationalen Linken ausgenutzt wird.“

    Als Michael Knowles danach im Internet beschimpft wurde, antwortete er auch noch auf Twitter: „Die Mutter des Mädchens hat ein ganzes Buch über psychische Gesundheit geschrieben. Es ist keine Schande, mit psychischen Erkrankungen zu leben. Was eine Schande ist, ist ein Kind – vor allem eines mit mentalen Störungen – auszubeuten, indem man mit seiner Hilfe die eigene politische Agenda fördert.“

    Die Welle des Hasses gegen FOX News war so heftig, dass sich der Sender offiziell für die Äußerungen des Studiogastes entschuldigen und versichern musste, dass nicht mehr geplant ist, den Experten Michael Knowles in eine Sendung einzuladen. Das heißt, eine Diskussion selbst über Greta Thunberg ist schon absolut unmöglich.
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    Denken Sie nicht, dass jemand in diesem Studio gegen den Umweltgedanken oder dagegen ist, Mutter Natur zu retten. Im Gegenteil, wir freuen uns, dass unsere Bemühungen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Wälder wieder aufzuforsten, nun offiziell Teil eines gigantischen, internationalen Projektes mit fast zweihundert Ländern sind. Leider ohne die Vereinigten Staaten. Trump hat für Amerika das Pariser Klimaabkommen zerrissen.
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  • Jens Berger: Lassen Sie uns doch mal über Verkehr reden – Teil 6:
    SUV-Verbotsdebatte – Zeit für ein wenig mehr Sachlichkeit 

    Es folgt ein erhellender Auszug aus dem Artikel: 

    Firmen- und Dienstpanzer auf vier Rädern

    Zunächst muss man die Frage stellen, wer sich denn überhaupt so einen „Panzer auf vier Rädern“ kauft, dessen Preis meist sechsstellig ist. Die Antwort ist ebenso ernüchternd wie einfach: Fast niemand. Die großen Luxus-Geländewagen, um die es im Kern bei der Debatte ja geht, werden fast ausschließlich von „Gewerbekunden“ geleast. Beim Audi Q7 beträgt der Anteil gewerblicher Kunden laut KBA-Neuzulassungsstatistik 76,8%. Beim BMW X5 sind es 77,3%, bei der GL-Klasse von Mercedes 93,4%, beim Porsche Cayenne 76,5% und beim VW Touareg 86,2%. Diese Zahlen sind von überragender Bedeutung, wenn man darüber debattiert, wie man diese Ungetüme von den Straßen bekommen kann.

    Die gewerbliche Nutzung umfasst zwei Seiten: Zum einen handelt es sich aus Sicht der Nutzer selbst um sogenannte Dienstwagen, die Angestellten zur dienstlichen und privaten Nutzung als Lohnersatzleistung auch zur privaten Verfügung überlassen werden. Dies schließt in der Regel übrigens sämtliche laufenden Kosten, inklusive der Kraftstoffkosten an der Tankstelle, mit ein. Als Ausgleich muss der Nutzer eines Dienstwagens ein Prozent des Listenpreises als Lohnersatzleistung versteuern. Kostet ein Wagen laut Liste also 100.000 Euro, muss der Angestellte 1.000 Euro pro Monat versteuern. Bei einem angenommenen Einkommensteuersatz von 30% wären dies 300 Euro Gesamtkosten, die wohlgemerkt sämtliche Kosten, inkl. Wartung, Spritverbrauch, Reparaturen etc. beinhalten. Diese 1%-Regelung kann übrigens auch von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft in Anspruch genommen werden, die dort selbst als Geschäftsführer tätig sind. Diese Subvention nennt sich Dienstwagenprivileg und ist eine der tragenden Säulen der Lobbypolitik der deutschen Automobilhersteller.

    Die zweite Seite ist die Sicht des Unternehmens. Die Kosten für das Leasing und die Betriebsausgaben – inkl. Kraftstoffkosten – können und werden vom Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung voll als Kosten eingerechnet. Wenn der Gesellschafter sich als Geschäftsführer einen Porsche Cayenne mit einer Leasingrate von 2.000 Euro pro Monat genehmigt und für 800 Euro im Monat Tankquittungen einreicht, entstehen für das Unternehmen 2.800 Euro Kosten, die voll auf das Betriebsergebnis anrechenbar sind und am Ende des Geschäftsjahres den entstandenen Gewinn und damit die Steuerlast drücken.

    Von Seiten des Gesetzgebers gibt es also zur Zeit für Unternehmen und Unternehmer keine Anreizsteuerung, preiswerte, kleine und spritsparende Fahrzeuge zu nutzen. Im Gegenteil – wer seine Kraftstoffkosten 1:1 abrechnen kann, überlegt sich nicht zweimal, ob er „kostenlos“ privat mit dem eigenen Wagen fährt oder den Weg umwelt- und klimafreundlich mit der Bahn zurücklegt. Ob der Dienstwagen mit Strom fährt, drei oder zwölf Liter Benzin auf einhundert Kilometer verbraucht, ist ebenfalls für den Nutzer des Dienstwagenprivilegs einerlei, da er selbst am Ende stets kostenfrei fährt.

    Diese simple Wahrheit ist übrigens auch ein Dämpfer für diejenigen, die nun SUVs über den Umweg höherer Mineralölsteuern oder einer CO2-Steuer „unattraktiv“ machen wollen. Wenn es dem Fahrer vollkommen egal sein kann, was der Liter Benzin oder Diesel kostet, kann man auch über die Besteuerung des Kraftstoffs keine Lenkungswirkung ausüben. Besonders delikat: Da auch der Steueranteil im Kraftstoff bei Dienstwagen indirekt über die Kosten die Gewinne senkt und so die Steuerlast des Unternehmens drückt, würde der Staat auf diesem Weg die höheren Steuern für Kraftstoffe über niedrigere Körperschaftssteuern ebenfalls „quersubventionieren“. Letztlich zahlt die Rechnung in diesem Fall der Privatmann – egal ob er einen Porsche Cayenne oder einen VW Lupo fährt.

    Was zu tun wäre
    Und hier findet man auch den Hebel für die Verdrängung der „Panzer auf vier Rädern“. Warum verabschiedet man kein Gesetz, das die steuerliche Abschreibbarkeit und das Dienstwagenprivileg an bestimmte Parameter koppelt? Dies könnte der CO2-Ausstoß sein, dies könnte aber auch der Listenpreis, das Leergewicht oder eine Kombination aus diesen und anderen Faktoren sein. Es gibt keinen(!) vernünftigen Grund, warum der Geschäftsführer einer Werbeagentur oder ein Wirtschaftsanwalt in Berlin einen Geländewagen mit sechsstelligem Listenpreis fahren muss und dementsprechend sollten die entsprechenden Gesetze auch angepasst werden. Dies ließe auch Feinheiten und Ausnahmen zu – denn anders als der Werber oder der Anwalt kann beispielsweise der Heizungsmonteur ja sehr wohl begründen, warum er einen Kleintransporter mit mehr als zwei Tonnen Leergewicht als Firmenwagen braucht.

    Würde es die Subventionen über das Dienstwagenprivileg und die Abschreibbarkeit solcher Wagen nicht mehr geben, würden diese Wagen zum großen Teil wieder aus den Showrooms der Hersteller verschwinden.
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  • Chris Hedges: Die Schattenregierung

    Achtung! Verstörende Beschreibungen von Folter!

    Chris Hedges beschreibt in diesem Artikel, wie Ende des Zweiten Weltkrieges vom amerikanischen Geheimdienst all die Naziverbrecher aus Wissenschaft und Polizeidienst angeworben und in ihren Dienst gestellt wurden, um an deren Erkenntnisse und Foltertechniken zu kommen, die bis heute angewendet werden. Hier einige Zitate daraus:

    [Einleitung Rubikon:] Die Vereinigten Staaten von Amerika befinden sich fest im Griff einer unsichtbaren Regierung, angeführt von den Geheimdiensten des Landes. Chris Hedges zeichnet anhand von Ausschnitten aus dem neuen Buch des Journalisten Stephen Kinzer nach, welche historischen und aktuellen Verbrechen die CIA begangen hat und welche Auswirkungen diese auf die USA und die ganze Welt haben.

    [Beginn Hedges:] In den Vereinigten Staaten gibt es zwei Arten von Regierung: Da ist einerseits die sichtbare Regierung — das Weiße Haus, der Kongress, die Gerichte, die Staatsparlamente und die Gouverneure — und andererseits die unsichtbare Regierung beziehungsweise der tiefe Staat, in dem anonyme Technokraten, Geheimdienstler, Generäle, Banker, Unternehmer und Lobbyisten die Innen- und Außenpolitik steuern, unabhängig davon, welche politische Partei an der Macht ist.
    (...)
    Die Nazis führten während des Zweiten Weltkriegs in den Konzentrationslagern medizinische Experimente durch. Dasselbe taten die Japaner in der besetzten chinesischen Region Mandschurei. Dies löste nach Ende des Krieges zwei gegensätzliche Reaktionen aus: Einige Mitglieder der sichtbaren Regierung wollten die Kriegsverbrecher zur Verantwortung ziehen, doch viele Anhänger der unsichtbaren Regierung waren dafür, die Ergebnisse der Experimente auszuwerten und die Kriegsverbrecher, die sie durchgeführt hatten, für die US-Geheimdienste und das Militär anzuwerben.
    Die Vorgeschichten der Nazi-Wissenschaftler, die chemische und biologische Kriegsführungsprojekte geleitet hatten und Tausende von hilflosen Opfern, darunter auch Kinder, mit Substanzen wie Sarin ermordet hatten, wurden von der unsichtbaren Regierung im Rahmen der so genannten Operation Paperclip bereinigt. Die USA waren sich nicht zu schade, selbst die grausamsten und sadistischsten Kriminellen aufzunehmen und sich zu Nutze zu machen, darunter auch Kurt Blome, der während des Nationalsozialismus die Erforschung der biologischen Kriegsführung leitete.
    (...)
    Das Ausmaß der moralischen Verdorbenheit und der Kriminalität derjenigen, die über unbegrenzte Ressourcen verfügen und deren Aktivitäten keiner Aufsicht oder öffentlichen Rechenschaftsplicht unterliegen, sondern von einer absoluten Geheimhaltung profitieren, ist erschütternd.
    (...)
    Eine aktualisierte Ausgabe des Handbuchs erschien 1983 unter dem Titel „Human Resources Exploitation Training Manual“. Die darin beschriebenen Foltermethoden — unter anderem Fesseln, Schlafentzug, Elektroschock, sexuelle und körperliche Erniedrigung, anhaltende Inhaftierung auf engem Raum, Desorientierung durch Verhüllen des Gesichts und sensorischer Entzug — wurden nach dem 11. September in den in- und ausländischen „Black Sites“ des amerikanischen Geheimdienstes zur Routine. Psychologen der CIA überwachen und perfektionieren diese Techniken — wie früher Gottliebs Horde wahnsinniger Wissenschaftler und Folterer —, um den vollständigen psychologischen Zusammenbruch der Opfer und eine kindhafte Abhängigkeit vom Vernehmer zu gewährleisten.
    Es wäre naiv, davon auszugehen, dass das Verhalten Gottliebs und der CIA der Vergangenheit angehört, zumal die unsichtbare Regierung die Aktivitäten der Geheimdienste einmal mehr der Kongressaufsicht entzieht und vor der Öffentlichkeit verbirgt sowie eine Befürworterin der Folter, Gina Haspel, als Direktorin der CIA eingesetzt hat.

     

  • Alle Jahre wieder

    Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer informieren in diesem Rubikon-Artikel sowohl über die Hintergründe der deutschen Kriegsbeteiligung in Mali, als auch über die Heuchelei der Politiker und die Komplizenschaft der Medien. Es folgen hier einige markante Ausschnitte:

    Erneut erobert deutsches Militär Afrika — diesmal allerdings nur aus Liebe und Gutmenschlichkeit, glaubt man den Medien und der Politik.

    Deutschland ist also, entgegen dem Willen seiner Bevölkerung, aber auf Betreiben seiner Regierung, wieder mal dabei, „international mehr Verantwortung zu übernehmen.“ Solche schwülstigen Floskeln dienen hierzulande bekanntlich dazu, militärische Aggressionsakte zu beschönigen. Unter der propagandistischen Dunstwolke bilden sich Mehrheiten im Parlament, die sich um die Ansichten und Interessen ihrer Wähler genauso wenig scheren wie die Regierung Merkel selbst.
    (...)
    Mali ist ein neoliberal beherrschtes Land. Seine 18,5 Millionen Einwohner werden mit „Reformprogrammen” der Weltbank drangsaliert, mit fragwürdigen Privatisierungen überzogen und permanent angehalten, ausländischen und malischen Privatinvestoren profitträchtige Marktanteile zu verschaffen (24).

    Interessant für die “Westliche Werte-Gemeinschaft” sind die Bodenschätze des Landes, und beim Blick darauf wird die ganze Heuchelei des Westens und seiner demokratischen Politmoralisten sofort sichtbar: Mali exportiert jährlich Gold für rund 2,31 Milliarden Euro. Der Goldverkauf umfasst 62 Prozent des gesamten Exports. Mali ist damit nach Südafrika und Ghana der drittgrößte Goldlieferant der Welt.

    Allerdings bleibt nur relativ wenig vom Ertrag der Goldminen im Lande. Es sind internationale Konzerne, wie der US-Finanzinvestor Randgold Resources Ltd. mit Sitz im europäischen Steuerparadies Jersey, die sich die Taschen füllen (25). Dem malischen Staat bleiben weniger als zwanzig Prozent des Gewinns der Goldbergwerke. Dieser magere Anteil stellt jedoch schon die Mehrheit der gesamten Deviseneinnahmen Malis dar.
    (...)
    ARD-aktuell verschweigt natürlich auch, dass der von der Bundeswehr logistisch unterstützte „Anti-Terror-Einsatz” des französischen Militärs („Barkhane”) vor allem dazu dient, die für die französische Elektrizitätswirtschaft lebensnotwendigen Uran-Lieferungen aus dem benachbarten Niger sicherzustellen. Dazu schrieb die “Wirtschaftswoche” gleich zu Beginn der deutsch-französischen Intervention:

    „Die einzigen bekannten und strategisch wichtigen europäischen Interessen in der Region sind die Uran- und Ölvorkommen in Mali und die französischen Uranminen im angrenzenden Niger. Frankreich hängt als Atommacht und Atomstromland stark von der Versorgung mit Uran ab. Ein Drittel seines Uranbedarfs bezieht Frankreich aus dem Niger. Um die weitere Destabilisierung des Landes zu verhindern, greift Frankreich jetzt in Mali ein“ (29).

    Das ist Klartext. Frei von Moralgesäusel über Hilfe zum Schutz der Menschenrechte und über die angebliche „Bekämpfung von Fluchtursachen“. Noch deutlicher heißt es in einem Kommentar der Wirtschaftswoche vom 17. Januar 2013:

    „Es geht beim Krieg in Mali, wie bei fast jedem Krieg auf dem afrikanischen Kontinent, um Rohstoffe und natürlich um politische Einflussnahme“ (30).
    (...)
    Der Verteidigungsminister von Burkina Faso, Moumina Cheriff Sy, hat über die Ergebnisse der europäischen Militärpräsenz in der Region wenig Gutes zu sagen:

    „Sie haben vielleicht 4.000 Mann in der Region. Sie haben alle militärischen und technologischen Möglichkeiten. Wenn sie wirklich wollten, hätten sie die Terroristen besiegen können. Haben sie also eine andere Agenda?“ (35).

    Gute Frage. Sie hätte von der Tagesschau gestellt werden müssen. Kritischer Journalismus einerseits und der Informationsanspruch der Bürger verlangen es.

    Die deutschen GRÜNEN, also „Friedensaktivisten“, die seit mehr als zwei Jahrzehnten auf dem Kriegspfad sind, haben bereits 2013 ihre Antwort gegeben. Die Abgeordnete Kerstin Müller:

    „(…) denn es ist in unserem außen- und sicherheitspolitischen Interesse und auch im Interesse der EU, die Afrika-Politik generell zu europäisieren. Auch darum geht es, und auch deshalb wird meine Fraktion beiden Mandaten zustimmen“ (36).

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD).

    Die Afrika-Politik generell zu europäisieren heißt, sich an den Schätzen dieses Kontinents bereichern wollen. Wenn dieses widerwärtige Denken und Reden in Tablettenform vorläge, könnte man es als Brechmittel im Veterinärwesen einsetzen, es brächte sogar Pferde zum Kotzen.