Lesefrüchte

April 2021

Hier sammeln wir Artikel, die auch über den Tag hinaus interessant sind und zitieren Auszüge. Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, verschieben wir ältere Empfehlungen ins „Archiv“.


Lesefrüchte im März 2021  
Jens Berger: „Wir wollen weiter tanzen“
Norbert Häring:
„Die Selbstgerechten” von Sahra Wagenknecht: Eine Kritik
Jens Zimmer: Entrechtung zum Schutz der Bevölkerung? Ein altes Übel ...
Ulrich Heyden:
Wie der Mainstream gegen alternative Medien kämpft


Jens Berger: „Wir wollen weiter tanzen“ … diesen Refrain hört man in Frankreich in den letzten Wochen immer häufiger. Hier eine (freie) Übersetzung des Textes:

Refrain:
Wir wollen weiter tanzen
Sehen, wie unsere Gedanken unsere Körper umarmen,
unsere Leben in Akkordfolgen verbringen
Oh nein, nein………

Wir sind Zugvögel. Niemals fügsam, nicht wirklich weise.
Wir schwören der Morgenröte nicht unter allen Umständen die Treue.
Wir kommen, um das Schweigen zu brechen.

Und wenn am Abend im Fernsehen der „gute König“ spricht und das Urteil verkündet,
zeigen wir uns respektlos. Aber immer mit Eleganz.
Oh nein, nein…….

Refrain x2

Auto, U-Bahn, Arbeit, Konsum, Erlasse, vorgeschriebene Absurditäten.
Und wehe dem, der denkt…
Und wehe dem, der tanzt….

Jede autoritäre Maßnahme, jede Sicherheitsanordnung
fegt unser Vertrauen mehr weg. Sie versuchen mit Beharrlichkeit,
unser Gewissen einzusperren.
Oh nein, nein…….

Refrain x2

Lassen wir uns nicht beeindrucken von all diesen
unvernünftigen Menschen,
die Angst im Überfluss verkaufen. Unanständige Ängste.

Lasst sie uns für unsere geistige Gesundheit auf Abstand halten.
Für unsere soziale und ökologische Gesundheit
sind unser Lächeln, unsere Intelligenz
die Instrumente des Widerstands gegen ihren Wahnsinn.
Oh nein, nein…….


Norbert Häring: „Die Selbstgerechten” von Sahra Wagenknecht: Eine Kritik

Sahra Wagenknecht hat mit „Die Selbstgerechten“ ein wichtiges und provokantes Buch veröffentlicht – für meinen Geschmack einen Tick zu provokant. Heikle Aussagen weichzuspülen oder mit vielen Worten wenig zu sagen, ist ihr nicht gegeben. Das hat ihr schon viel Ärger eingebracht und wird ihn ihr wohl auch diesmal einbringen. Langeweile kommt bei der Lektüre dieser Abrechnung mit dem linksliberalen Zeitgeist jedenfalls nicht auf.

„Die Selbstgerechten“ ist im längeren ersten Teil eine Anklageschrift gegen die pseudo-linke Intoleranz, die sich irreführend Linksliberalismus nennt. Im etwas kürzeren zweiten Teil, auf den der Untertitel „Mein Gegenprogramm – für Gemeinsinn und Zusammenhalt“ verweist, stellt sie ihr links-konservatives Alternativprogramm zum individualistischen, „nicht-linken Illiberalismus“ vor.

Zum ersten Teil: „Nicht-linker Illiberalismus“

Wagenknecht greift den Linksliberalismus frontal an. Sie führt ihn schonungslos als selbstgefälliges und eigensüchtiges Klienteldenken der akademischen Mittelschicht in den Großstädten vor. Sie entlarvt ihn als direkten Nachfolger des diskreditierten Neoliberalismus. Der Kern ihrer Kritik, ebenso wie der scharfe Ton, in dem sie vorgetragen wird, kommt in der folgenden zynischen Passage gut zu Geltung (leicht gekürzt):

Die Linke kann noch siegen. Sie kann Multis wie Unilever in die Knie zwingen. Aufgrund der Rassismusdebatte in den sozialen Netzwerken, teilte das Unternehmen im August 2020 mit, werde der Knorr-Klassiker Zigeunersauce ab sofort unter neuem Namen, nämlich als Paprikasauce Ungarische Art in den Supermarktregalen zu finden sein. Unilever ist nicht der einzige Konzern, der sich dem Druck linksliberaler Meinungsführer und ihres fleißig twitternden Anhangs beugen musste. Mit den gleichen Mitteln wurde auch die langjährige Personalchefin von Adidas, Karen Parkin, im Juni 2020 zum Rücktritt gezwungen. Sie habe das Thema Rassismus verharmlost und sich zu wenig um Diversity, also um die Karriere nicht-weißer Mitarbeiter, bei Adidas gekümmert. Freilich, der verschlechterte Tarifvertrag, den Unilever fast zeitgleich zum heroischen Abschied von der Zigeunersauce den 550 verbliebenen Mitarbeitern im Knorr-Stammwerk Heilbronn mit der Drohung aufgezwungen hatte, den Betrieb andernfalls ganz zu schließen, besteht unverändert. Er bedeutet für die Knorr-Beschäftigten Personalabbau, niedrigere Einstiegsgehälter, geringere Lohnsteigerungen und Samstagsarbeit. Anders als die Zigeunersauce hatte all das allerdings nie für bundesweite Schlagzeilen oder gar für einen Shitstorm der sich links fühlenden Twittergemeinde gesorgt. Und dass die Arbeitsbedingungen bei den asiatischen Zulieferern von Adidas so schlimm sind, dass das Unternehmen im Index des »Fashion Checker« die schlechteste Note in der Kategorie »Löhne, die das Existenzminimum garantieren« kassierte, nun ja, auch dieses Thema eignet sich eher schlecht für virale Empörungsposts. Die Diversity-Freunde können sich schließlich nicht auch noch um bettelarme nicht-weiße Arbeiter im fernen Südostasien kümmern.“
Wagenknecht hat Recht. Dieser pseudo-linke Zeitgeist ist gefährlich und gehört attackiert. Sie hat Recht, dass dieser Zeitgeist sich in unschöner Nachbarschaft zu libertären Denkschulen befindet, indem er maximalen Respekt vor individuellen Eigenheiten der Menschen einfordert, und darüber die strukturell ökonomisch benachteiligten Gruppen nicht nur im Stich lässt, sondern aktiv spaltet. Statt der prekär im Niedriglohnsektor Beschäftigten scheint sich der Linksliberalismus tatsächlich ungleich mehr um benachteiligte Frauen, gern Akademikerinnen, potentiell diskriminierte LGBTs und schutzbedürftige Geflüchtete zu sorgen. Der alte weiße Mann, der für 10 Euro die Stunde im Akkord Pakete ausliefert, soll sich aus dieser Sicht als Privilegierter fühlen und nicht klagen. Er sollte ohnehin nichts sagen, weil er nicht bereit und in der Lage ist, die jeweils aktuellen Sprachvorschriften bezüglich des Genderns, des Migrationshintergrunds und des Geflüchtetenstatus korrekt umzusetzen.

Wagenknecht präsentiert die Linksliberalen als Linke, die die Seite gewechselt haben, als Privilegierte, die eine politische Richtung vertreten, die den Privilegierten nutzt und vor allem von Privilegierten gewählt wird. Ziel ihrer Angriffe ist erkennbar nicht nur das linksliberale Establishment ihrer eigenen Partei, das sie aus der Funktion der Fraktionsvorsitzenden herausgemobbt hat, sondern noch mehr die Grünen. Denn diese haben nicht nur – anders als die Linke – großen Erfolg an den Urnen und bei Umfragen, sie sind auch besonders weit damit, alles traditionell Linke abzuwerfen und allein auf pseudo-linke Identitätspolitik zu setzen. Nicht von ungefähr haben die Grünen neben der FDP die einkommensstärksten Wähler – und den größten ökologischen Fußabdruck. Die moderne SPD ist natürlich mit gemeint.

Weil sie viel wortgewandter formuliert als ich, hier dasselbe als Appetithappen nochmals in ihren Worten:

Dominiert wird das öffentliche Bild der gesellschaftlichen Linken heute von einem Typus, den wir im Folgenden den Lifestyle-Linken nennen werden, weil für ihn im Mittelpunkt linker Politik nicht mehr soziale und politökonomische Probleme stehen, sondern Fragen des Lebensstils, der Konsumgewohnheiten und moralische Haltungsnoten. In Reinform verkörpern die grünen Parteien dieses Lifestyle-linke Politikangebot, aber auch in den sozialdemokratischen, sozialistischen und anderen linken Parteien ist es in den meisten Ländern zur dominierenden Strömung geworden.

Der Lifestyle-Linke lebt in einer anderen Welt als der traditionelle und definiert sich anhand anderer Themen. Er ist vor allem weltoffen und selbstverständlich für Europa, auch wenn jeder unter diesen Schlagworten etwas anderes verstehen mag. Er sorgt sich ums Klima und setzt sich für Emanzipation, Zuwanderung und sexuelle Minderheiten ein. Zu seinen Überzeugungen gehört, den Nationalstaat für ein Auslaufmodell und sich selbst für einen Weltbürger zu halten. Generell schätzt der Lifestyle-Linke Autonomie und Selbstverwirklichung mehr als Tradition und Gemeinschaft.

Da der Lifestyle-Linke mit der sozialen Frage persönlich kaum in Kontakt geraten ist, interessiert sie ihn auch meist nur am Rande. Also, man wünscht sich schon eine gerechte und diskriminierungsfreie Gesellschaft, aber der Weg zu ihr führt nicht mehr über die drögen alten Themen aus der Sozialökonomie, also Löhne, Renten, Steuern oder Arbeitslosenversicherung, sondern vor allem über Symbolik und Sprache.

Die große Rolle, die Fragen der Symbolik und der Sprache im Politikverständnis des Lifestyle-Linken spielen, hängt sicher auch damit zusammen, dass sich hier ein riesiges Betätigungsfeld eröffnet, auf dem man ungestört Veränderungen durchsetzen kann, ohne jemals mit einer einflussreichen wirtschaftlichen Interessengruppe in Konflikt zu geraten oder die öffentlichen Kassen relevant zu belasten. Den Mindestlohn zu erhöhen oder eine Vermögensteuer für die oberen Zehntausend einzuführen ruft natürlich ungleich mehr Widerstand hervor, als die Behördensprache zu verändern, über Migration als Bereicherung zu reden oder einen weiteren Lehrstuhl für Gendertheorie einzurichten.“

Sehr böse, aber auch sehr treffend.

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Jens Zimmer: Entrechtung zum Schutz der Bevölkerung? Ein altes Übel im neuen Gewand
Wenn Bevölkerungen "zu ihrem Schutz" entrechtet werden, dann drängen sich schlimme Vergleiche auf. Wenn man diese Vergleiche nicht ziehen darf, dann ist die Lage womöglich noch schlimmer als anfangs gedacht.

Seit einem Jahr bekommen wir zu spüren, auf welch tönernen Füßen unsere "Grundrechte" offenbar stehen. Wirklich erstaunlich ist vor allem die Geschwindigkeit, mit der uns einige Politiker all das nehmen, was bis vor Kurzem noch als unveräußerlich galt. Und die spielerische Leichtigkeit natürlich, mit der dies geschieht. Nennenswerten Widerstand gibt es nämlich keinen.

Die schützende Gewaltenteilung, sie funktioniert nicht mehr. Die so wichtigen Medien, sie kommen ihrem Auftrag nicht nach. Ein Großteil der Bevölkerung nimmt jeden Tiefschlag nur noch klaglos hin. Einige beißen sich des Nachts wohl durchs Kissen, eine kleine Minderheit geht immerhin noch demonstrieren. Eine noch kleinere Minderheit brüllt dagegen an.

Ansonsten aber herrschen Angst und Starre. Wie ein Sargdeckel liegen die Corona-Maßnahmen auf dem Land, ersticken alles Leben, bis auf die paar Demonstranten, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Politik und Medien beteuern derweil, dass alles nur zu unserem Besten sei. Selbst der Entzug vermeintlich unveräußerlicher Rechte.

Wie frei wir jetzt noch sind? Welche Entscheidungen wir noch treffen dürfen? Wo die neuen Grenzen unserer Selbstbestimmung liegen? Die paternalistische Antwort auf diese Fragen schaut uns mit besorgten Augen an: Es ist doch nur zu unserem Schutz!

Das klingt erschreckend vertraut. Bevölkerungen, die zu ihrem "Schutz" entrechtet werden, das hat es früher schon gegeben. Auch hierzulande, und stets nahm es ein böses Ende. Ganz besonders hierzulande!

Doch Andeutungen dieser Art sind verpönt. Nur wenige genießen das Privileg, in diesen Kategorien argumentieren zu dürfen. Ähnlich den Sittenwächtern in islamischen Staaten, ahnden sie jeden Verstoß gegen ihr komplexes Glaubenssystem voller seltsamer Dogmen. Der Vorgang insgesamt erinnert an Orwell. Er schrieb schon sehr früh von der notwendigen Kontrolle über die Vergangenheit. Naturgemäß ist aber auch dieser Vergleich eher verpönt.

Die Parallelen sind immerhin vorhanden. Um sie zu erfassen, bedarf es lediglich der Mustererkennung. Leider bedienen sich bundesdeutsche Dogmenwächter eher eines Butterbrotpapiers, mit dem sie die Vergangenheit eins zu eins "abpausen". So entsteht ein für die deutsche Gesellschaft verpflichtendes, wenn auch sehr kindliches Verständnis von Geschichte. Ohne Butterbrotpapier im Kopf, das knisternd vor dem Abziehbild eines vergangenen Faschismus warnt, wird man als Mensch gar nicht akzeptiert. Eine verordnete politische Naivität, die sich als Vergangenheitsbewältigung tarnt.

"Faschismus" ist demnach schlussendlich, wenn sich blonde Deutsche braune Hemden überstreifen, Kriege beginnen und Vernichtungslager errichten. Eine starre Interpretation, die das "Wehret den Anfängen" in sich trägt, ohne aber diese Anfänge definieren zu wollen. Die ins Zentrum gerückten Verbrechen, so unvergleichlich sie waren, sind jedoch austauschbar. Sie sind die "Auswüchse", nicht der Faschismus selbst. Der Faschismus ist das sie umgebende Gerüst, innerhalb dessen diese Verbrechen überhaupt erst geschehen konnten.

Das Wesen dieses Gerüstes ist erschreckend banal. Es ist die Freude an der "Unfreiheit"! Wenn die Herrschenden in den Sog des Machtrausches geraten und die Beherrschten ihre Entrechtung begrüßen, zum Beispiel zum "Schutz", dann verschieben sich die Regeln. Selbstverständlichkeiten werden plötzlich über Bord geworfen. Mangelnder Respekt und Diffamierung anderer werden hoffähig, gar goutiert. Man rückt zusammen gegen eine Bedrohung, einen gemeinsamen Feind. Dieser Feind ist beliebig, nur ein Prinzip, eine Funktion. Auch eine Seuche kann der Feind sein. Oder ihre Verbreiter.

Spätestens wenn über "Sonderrechte" für einige nachgedacht wird, ist der kritische Punkt erreicht. Denn sie bedingen auch "Sonderentrechtete". Ab hier droht eine Eigendynamik, die sich weder steuern noch aufhalten lässt. 
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Ulrich Heyden: Wie der Mainstream gegen alternative Medien kämpft
Wie weit das offizielle Deutschland sich seit der Ukraine-Krise 2014 gegen Russland in Stellung gebracht hat, lässt sich leicht am Aufruf “Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!”[1] nachprüfen, der im Dezember 2014 vom ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem Film-Regisseur Wim Wenders und 60 anderen Personen des öffentlichen Lebens unterschrieben wurde.

Wer sich den Aufruf „Wieder Krieg in Europa?“ heute durchliest, hat das Gefühl, er stammt aus einer anderen Welt. In dem Aufruf wird noch das „Sicherheitsbedürfnis Russlands“ anerkannt. Und das, obwohl die Krim damals schon seit neun Monaten mit Russland vereinigt war und es in der Ost-Ukraine schon seit acht Monaten Krieg gab.

Russland als Bedrohung

Seit dem Staatsstreich in der Ukraine wird Russland von den großen deutschen Medien in einer Weise dämonisiert, wie es das seit dem Beginn der Entspannungspolitik Ende der 1960er Jahre nicht mehr gab.

Als am 17. Juli 2014 die malaysische Passagiermaschine MH 17 über dem Gebiet Donezk abgeschossen wurde, herrschte in Deutschland schlagartig Kriegsangst, das erste Mal seit der Kuba-Krise 1962. Der Kriegstreiber war nach Meinung der großen deutschen Medien Russland. „Stoppt Putin jetzt!“ stand auf der Titelseite des „Spiegel“. Außerdem sah man auf dem Titelblatt Fotos der bei dem Abschuss getöteten Passagiere.

Von Russland unterstützte Separatisten hätten das Flugzeug abgeschossen, so die Behauptung in großen deutschen Medien. Die Recherche-Gruppe Bellingcat hat versucht, mit aus dem Internet gesammelten Fotos, nachzuweisen, dass das Flugzeug von einer aus Russland herangefahrenen Buk-Rakete abgeschossen wurde. Doch diese Foto-„Recherche“ reichte nicht aus, um eine juristisch wasserfeste Anklage gegen Russland zu starten. Warum die Ukraine das Kriegsgebiet über Donezk nicht für den Luftverkehr gesperrt hatte, wurde von den deutschen Medien nicht thematisiert.

Um Russland als Bedrohung zu darzustellen, wurden von den Medien seit 2014 immer wieder Themen in Skandal-Wellen hochgepuscht. Russische Geheimdienste seien Schuld an der Vergiftung des ehemaligen KGB-Agenten Sergej Skripal und seiner Tochter Julia in England. Russische Agenten hätten den Oppositionspolitiker Aleksej Navalny vergiftet und im Berliner Tiergarten einen Georgier, der mit Tschetschenen gegen Russland kämpfte, umgebracht. Doch statt Beweisen wurden nur Vermutungen für Russlands Schuld vorgebracht.

Sieben Jahre Trommelfeuer

„Das Sicherheitsbedürfnis der Russen ist so legitim und ausgeprägt wie das der Deutschen, der Polen, der Balten und der Ukrainer“, heißt es in dem Aufruf von 2014. Weiter heißt es:

„Leitartikler und Kommentatoren dämonisieren ganze Völker, ohne deren Geschichte ausreichend zu würdigen. Jeder außenpolitisch versierte Journalist wird die Furcht der Russen verstehen, seit NATO-Mitglieder 2008 Georgien und die Ukraine einluden, Mitglieder im Bündnis zu werden.“

Sieben Jahre Verdächtigungen und mediales Trommelfeuer gegen Russland haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Über ein „Sicherheitsbedürfnis“ von Russland wagt heute kaum noch ein Journalist oder Politiker zu sprechen. Fast alle Gegenstimmen wurden ins außerparlamentarische Abseits gedrängt.

Dass sich seit 2014 vermehrt alternative Medien gründeten und Friedensaktionen gestartet wurden (Anmerkung der Redaktion: Die ersten Beiträge auf den NachDenkSeiten sind bereits 2003 erschienen), sah die politische Elite in Deutschland als Bedrohung ihrer Macht. Die Kritiker wurden als Bedrohung für die Demokratie hingestellt. Seit 2015 erscheinen jährlich Studien von staatlichen sowie von Parteien finanzierten Stiftungen, welche versuchen, die alternativen Medien in die Ecke von Rechtsextremisten, Antisemiten und Spinnern zu rücken.

Den Anfang machte 2015 die gewerkschaftsnahe Otto-Brenner-Stiftung mit ihrer „Querfront“-Studie[2]. In der von dem ehemaligen Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, Wolfgang Storz, herausgegebenen Studie wird vor einer „Querfront“ von Friedensaktivisten und anti-liberalen rechten Kräften gewarnt. Es wurde behauptet, in dem sich neu herausbildenden alternativen Spektrum fehlten „positive Bekenntnisse zur demokratisch-repräsentativen Gesellschaftsordnung und den ihr zugrunde liegenden Werten“. Nach einem Rechtsstreit mit Video-Blogger Ken Jebsen, der Wolfgang Storz unzulässige Verallgemeinerungen vorwarf, musste Storz die Studie überarbeiten[3].
(...)

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