Lesefrüchte

April 2020

Hier sammeln wir Artikel, die auch über den Tag hinaus interessant sind.
Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, verschieben wir ältere Empfehlungen ins „Archiv“.

 

  • Tilo Gräser: Corona-Krise: Kritische Stimmen in bundesdeutschen Medien unter Aufsicht?

    In der Corona-Krise sind durch die Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens eine Reihe von Grundrechten der Bundesbürger eingeschränkt worden, so das der Wahlfreiheit und das der Versammlungsfreiheit. Angeblich sind die Meinungs- und Pressefreiheit davon nicht betroffen. Mancher Vorgang sorgt für Zweifel daran.

    Nicht nur die Art und Weise, wie mit kritischen Stimmen gegenüber dem offiziellen Corona-Kurs umgegangen wird, lässt Zweifel zu, ob die Meinungsfreiheit weiter als ein schützenswertes Gut und Grundrecht gesehen wird. Sie wird nicht offen in Frage gestellt, sondern mit Hilfe einer Atmosphäre, die Kritik als gefährlich erscheinen lässt, nicht nur für jene, die sie äußern.

    Auch der Umgang mit Medien, die jene zu Wort kommen lassen, die eine andere, oftmals fachlich begründete Sicht auf die Vorgänge haben, kann die Frage aufkommen lassen, ob auch die Pressefreiheit eingeschränkt wird.
    Anlass dafür ist unter anderem ein Ereignis in Bayern: Dort hatte der kleine lokale Sender „Radio München“ am 26. März ein Interview mit dem Lungenarzt und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg gesendet. Der erfahrene Mediziner warnt seit Anfang des Jahres vor den Folgen der Corona-Panik und den Interessen im Hintergrund dieser.

    Zu wenig Sorgfalt bei Interview?
    Dafür wird er verleumdet und diffamiert – bis hin zu dem Etikett „Verschwörungstheoretiker“, was aber noch das Harmloseste ist. Seine sachlichen Argumente bringen andere Fachkundige – unabhängig von ihm – ebenso in die Debatte ein. Doch das stört anscheinend jene nicht, die mit Hilfe vermeintlicher „Faktenchecker“ an Wodarg ein Exempel statuieren wollen. Es drängt sich der Eindruck auf: Kritische Stimmen am politischen Kurs in der Corona-Krise und jenen tatsächlichen und vermeintlichen Experten, die diesen unterstützen, sind unerwünscht.
    Und so wurde „Radio München“ für das Wodarg-Interview von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) gerügt, es habe die „journalistische Sorgfaltspflicht“ vernachlässigt. Das berichtete kürzlich das Online-Magazin „Telepolis“. Danach haben sich einige Hörer über das Interview in dem kleinen lokalen Sender bei der BLM beschwert.

    Daraufhin habe die Behörde, die für die privaten und nichtkommerziellen Medien im Freistaat Bayern zuständig ist, in einem Schreiben vom 6. April „Radio München“ gemahnt, „sorgfältiger“ bei der Auswahl von Interviewpartnern zu sein. Gespräche mit Wodarg und anderen könnten „als kritisch gegenüber den aktuellen Entscheidungen der Bunderegierung aufgefasst werden“, so die BLM laut „Telepolis“.

    (...)

    BLM: Sender soll „sensibilisiert“ werden
    Eine Sprecherin der BLM erklärte auf Nachfrage von Sputniknews, die Prüfung der Programmbeschwerden zum Wodarg-Interview habe ergeben, „dass eine Einordnung der Aussagen des Gesprächspartners nicht bzw. nur unzureichend erfolgte“. Sie widersprach Meyen, der die Auswahl des Interviewpartners als Beitrag zur publizistischen Vielfalt sieht. Dagegen sei „die BLM der Auffassung, dass es ein Beitrag zur publizistischen Vielfalt und Ausdruck journalistischer Sorgfalt gewesen wäre, z.B. bei der Einführung des Interviewpartners noch näher auf die kontroverse wissenschaftliche Debatte zum Thema Corona einzugehen.“

    (...) 

    „Es geht um das Signal“
    Kommunikationswissenschaftler Meyen meinte zu dem Vorgang gegenüber Sputniknews, die Aussagen der BLM würden „keiner ernsten Prüfung“ standhalten.

    „Interviews lassen sich mit dem Kriterium ‚Sorgfaltspflicht‘ gar nicht bewerten. Aber das ist egal. Es geht um das Signal: Wir beobachten, was ihr macht. Da überlegt sich jede Journalistin dreimal, ob sie beim nächsten Mal nicht vielleicht doch einfach die Regierungslinie wiedergibt.“

    Das Geschehen werde im Filter-Modell des Linguisten und Medienwissenschaftlers Noam Chomsky als „Flak“ bezeichnet, so Meyen:

    „Die Herrschenden schießen, wenn es doch einmal etwas in die Öffentlichkeit schafft, was sie sonst unterdrücken können – weil sie den Zugang zu den Redaktionen kontrollieren und die meisten Quellen, die als ‚vertrauenswürdig‘ gelten. Behörden, Universitäten, Think Tanks – alle bezahlt vom Staat. Wenn das nicht genügt, gibt es ‚Flak‘: Anrufe bei Journalisten, die aus der Reihe tanzen, öffentliche Widerrede von ‚Koryphäen‘ oder eben einen Brief der Medienaufseher.“

     

  • Mehr Demokratie e.V.: Das Virus und die Demokratie

    (...) Deshalb fordern wir:

    1. Die Parlamente sind legitimiert, zu entscheiden. Das muss so bleiben!

    Gesetzgebung und parlamentarische Kontrolle der Regierung müssen auch in Krisenzeiten beim Bundestag und den Landesparlamenten verbleiben. Es braucht kein Not-Parlament. Entscheidungen, die Grundrechte betreffen, können nur vom Parlament getroffen werden. Es ist zu hinterfragen, wenn in solcher Zahl und Intensität Grundrechte auf dem Verordnungsweg durch Ministerien eingeschränkt werden.

    Die Ausarbeitung einer „Exit-Strategie“ und ihre Umsetzung bietet Gelegenheit, sorgfältiger die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen auf Erforderlichkeit zu prüfen. Das bedeutet, wenn Grundrechte mit einer Verordnung eingeschränkt werden, genau zu prüfen, ob es ein weniger einschneidendes Mittel gibt, das einen ebensolchen Gesundheitsschutz bietet. Hier muss sich zeigen, dass der Rechtsstaat beim Grundrechtsschutz funktioniert.

    2. Verordnungen und Gesetze befristen

    Jede Maßnahme – sei sie auch auf den ersten Blick noch so gering – muss befristet sein. Und jede Verlängerung ist erneut zu diskutieren und darf nicht einfach durchgewunken werden. Auch ein mehrfach verlängertes Ausnahmegesetz darf nicht in den gewöhnlichen Rechtsbestand übergehen.

    3. Parlamentarische Diskussion öffentlich führen

    Die aktuellen Maßnahmen sind drastisch; sie müssen öffentlich diskutiert werden. Das Prinzip der Öffentlichkeit bei parlamentarischen Entscheidungen muss gerade jetzt gewahrt bleiben. Fahren Parlament und Regierung auf Sicht, wollen Bürgerinnen und Bürger sie dabei sehen.

    4. Beratungsgremien breit besetzen

    Die Beratung der Politik muss interdisziplinär erfolgen. Die Pandemie ist vordergründig ein medizinisch-pflegerisches Problem. Aber eben nicht nur. Die Mitwirkung der Sozialwissenschaften, der Ethik, der Ökonomie, von Rechts- und Politikwissenschaft sind unverzichtbar. Schließlich sind „Nebenwirkungen“ der Corona-Krise mit zu bedenken: Soziale Isolation, Angstzustände und Depressionen, das Ansteigen häuslicher Gewalt, der Verlust von Pflege und Einschränkungen in der Gesundheitsversorgung, die wirtschaftlichen und existentiellen Folgen.

    5. Bürger einbinden

    Einzubinden ist auch die Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger durch einen repräsentativ zu besetzenden Bürgerbeirat. Gleichzeitig sollten die Fristen für bereits angelaufene Unterschriftensammlungen zu Bürger- und Volksbegehren ausgesetzt werden. Gerade in der Krisensituation die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger auf diese Weise zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, ist völlig unnötig und beschädigt das Vertrauen in die Demokratie.

    6. Transparenz sichern

    Jetzt heißt es, den Standard der Informationsfreiheit zu erfüllen: Strategiepapiere, Szenarien, Gutachten, Modellrechnungen von Ministerien und Instituten müssen automatisch veröffentlicht werden. Zudem sind die von den Regierungen eingesetzten Krisenstäbe und ihre Besetzung transparent zu machen.

    7. Entscheidungen und deren Grundlagen müssen nachvollziehbar sein

    Entscheidungen müssen nachvollziehbar und möglichst evidenzbasiert sein: Politische Entscheidungen müssen auf empirischer und wissenschaftlicher Grundlage erfolgen. Wo Politik nicht auf ausreichend Daten zurückgreifen kann, sollte sie dafür sorgen, dass die Datengrundlagen vervollständigt werden (z.B. durch eine Baseline-Studie). Zudem sollte das Spektrum der Interpretationen von Daten aufgezeigt werden, so dass gegebenenfalls auch plausible Gegenmeinungen Gehör finden. Das stärkt eher das Vertrauen, als sich unterstellen zu lassen, Datenlagen zu ignorieren. Aufzuzeigen ist, was genau mit welchen Maßnahmen erreicht werden soll.

    8. Versammlungs- und Demonstrationsrecht erhalten

    Das öffentliche Leben ist fast vollständig lahmgelegt. Damit sind die Versammlungsfreiheit, demokratische Teilhabemöglichkeiten und das Demonstrationsrecht stark eingeschränkt. Demokratie und Zivilgesellschaft dürfen durch das Corona-Virus keinen irreparablen Schaden nehmen. Die Zivilgesellschaft übt sich schon lange darin, sich digital zu artikulieren. Dies kann jedoch Meinungsäußerungen im öffentlichen Raum nicht ersetzen. Die Bundesländer sollten Versammlungen und Demonstrationen zulassen, wenn das Infektionsrisiko durch Schutzmaßnahmen so gering gehalten werden kann wie durch die Anweisungen für den öffentlichen Raum. Die Politik ist gut beraten, Themen, bei denen ein großer Diskussionsbedarf in der Zivilgesellschaft zu vermuten ist, nicht gerade jetzt durchzuziehen, zumal es derzeit kaum möglich ist, Bürger- oder Volksbegehren zu starten. Dies würde sonst das Vertrauen in die Schutzmaßnahmen erheblich beschädigen.

    9. Freie Religionsausübung nicht pauschal unterbinden

    Was für das Demonstrationsrecht gilt, gilt auch für Gottesdienste und Gebete. Kirchen, Moscheen und Synagogen können geeignete Räume sein, um Abstandsregeln besser einzuhalten als in Baumärkten. Hier sollte anlass- und ortsbezogen von den Verwaltungen abgewogen werden. Dies gilt auch für Bestattungen und das Abschiednehmen von Sterbenden.

    10. Datenschutz beachten

    Zur Eindämmung der Infektionen sind Tracking-Apps und andere technische Lösungen im Gespräch. Sollte der Gesetzgeber die Auswertung von Bewegungsdaten für notwendig und hilfreich befinden, sollte er deshalb eine – verhältnismäßige – Rechtsgrundlage schaffen. Sie müssen sich an den Grundsätzen der Freiwilligkeit, der Persönlichkeitsrechte, des Datenschutz und der Datensparsamkeit orientieren.

    11. Weltweit solidarisch sein

    Die globale Ungleichheit wird in der Corona-Krise offenbar: Die Folgen sind für die Schwächsten am härtesten. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt helfen. Das Corona-Virus lehrt uns: Wir gehören zu der einen Weltfamilie.

    12. Den Umgang mit der Krise evaluieren

    Unmittelbar nach der Krise sollte das Krisenmanagement von Politik und Verwaltung der verschiedenen politischen Ebenen evaluiert und Lehren für die Zukunft gezogen werden. Hierbei sollten die Bürgerinnen und Bürger über einen losbasierten Bürgerrat einbezogen werden.

     

  • Arno Luik: Risiken und Nebenwirkungen
    Das Virus Corona hält die Welt im Griff? Nein. Die Antwort auf das Virus hält die Welt im Griff. Muss das so sein? Schon diese Frage macht einen verdächtig. Was politisch entschieden wird, muss so sein. Eine Widerrede.

    Eine kleine, persönliche Geschichte: Meine Schwester ist schwer krank. Sie muss nun umziehen in betreutes Wohnen. Ihre Kinder helfen ihr beim Umzug. Ein paar Enkelkinder sind dabei (wo sollen sie auch hin?), tollen herum, helfen ein bisschen beim Packen, da kommen Nachbarn (die meine Schwester seit Jahrzehnten kennen) und sagen: „Das geht nicht, dass diese Kinder hier rumspringen. Das verstößt gegen die Auflagen. Sorgen Sie dafür, dass die sofort weggehen. Oder wir holen die Polizei.“

    Deutschland, im Frühjahr 2020.

    Neulich musste ich von der Schwäbischen Alb nach Hamburg. Ich war am Samstag auf der Autobahn – eine Fahrt, wie man sie auf deutschen Straßen seit den 60er Jahren nicht erlebt hat. Totale Einsamkeit. Irgendwo, nach Stunden einsamer Fahrt überhole ich ein Auto. Hinterm Steuer, ganz allein im Wagen, ein Mann mit einer Atemmaske.

    Deutschland, im Frühjahr 2020.

    Jeden Morgen mache ich mit dem Rad eine kleine Tour, um die Zeitungen zu holen. Mein Weg, er ist gut drei Meter breit, führt an einem kleinen Flüsschen, der Brenz, entlang. Eine Frau kommt mir zu Fuß entgegen. Als sie mich sieht, springt sie panisch zur Seite – und fast ins Wasser. Lieber ertrinken, als einem Radfahrer begegnen, der innerhalb von Sekunden in großen Abstand an ihr vorbeifährt.

    Deutschland, im Frühjahr 2020.

    Seit gut drei Wochen ist das Land im Ausnahmezustand, nein, so heißt das nicht, es ist im Corona-Krisenmodus. Und da der Staat seine Bürger und Bürgerinnen schützen will und auch schützen muss, hat er, sagen wir es freundlich: Maßnahmen ergriffen. Sagen wir es unfreundlicher, aber zutreffender: Er hat Grundrechte abgeräumt, so radikal, so fundamental wie es wohl niemand vor fünf, sechs Wochen für möglich gehalten hätte. Vor einem Jahr wurde das 70. Jubiläum des Grundgesetzes gefeiert. Hätte damals jemand jene Missachtung dieses Grundgesetzes, wie sie nun im Eiltempo exekutiert wurde, vorausgesagt, man hätte ihn als Idioten verhöhnt.

    Nun ist die GG-Beschädigung da.

    Unverletzlichkeit der Wohnung? Vergessen Sie es – die Polizei darf kontrollieren, mit wie vielen Freunden oder Verwandten (sind es Verwandte ersten Grades?) Sie gerade Ihren Geburtstag in Ihrer Wohnung feiern. Versammlungsfreiheit? Demonstrationsrecht? Vergessen Sie es. Reisefreiheit? Vorbei.

    Das muss alles so sein, heißt es, genauso muss es sein. Denn: Es geht um Leben und Tod, nicht weniger. So hört und sieht man es auf allen Kanälen und Sendern, so liest man es allenthalben in allen Zeitungen, rund um die Uhr geht das so, so wird es den Bürgern und Bürgerinnen eingebläut, täglich, stündlich. Das Ergebnis dieser Großoffensive: Angst. Verunsicherung. Bürger und Bürgerinnen, die fast alles mit sich machen lassen. Die nicht aufschreien, wenn der baden-württembergische Innminister Thomas Strobl sie auffordert, ihre Mitbürger und Mitbürgerinnen genauer zu kontrollieren, ob sie sich auch tatsächlich an die aufgestellten Regeln halten. Schwäbische Kehrwoche, deutscher Blockwart, ostdeutscher Abschnittsbevollmächtigter und Corona – Unheilvolles spült da nach oben. Staatlich gefördertes Denunziantentum.

    Und über allem das tägliche Ritual: Mit Grabesstimme verliest der Chef des Robert-Koch-Instituts die Zahlen, die einen den nahen Tod befürchten lassen. Grauen und Grausen wird in Ruhe produziert.

    Aber geht es tatsächlich um Leben und Tod? Wenn es darum ginge, darauf hat der Jurist Oliver Lepsius, Professor für Verfassungstheorie, hingewiesen, „müssten zunächst alle Kraftfahrzeuge verboten werden“. Das werden sie aber nicht. Natürlich nicht, ganz Im Gegenteil, der Staat fördert, subventioniert und unterstützt mit allen Mitteln diese Industrie jenes massenmordenden Vehikels, verhindert in so brutaler wie irrationaler Konsequenz rationale Maßnahmen, die täglich Leben retten könnten. Und wenn es ein Tempolimit wäre.

    Wenn es um Leben oder Tod ginge, wenn die Maßnahmen, die nun zum Guten der Bürger oktroyiert worden sind, auf Krankenhäuser angewandt werden würden, müssten diese sofort schließen: Jahr für Jahr sterben dort 30 000 Menschen an Viren, Keimen, Dreck.

    Wenn es um Leben oder Tod ginge, würden die Regierungen sofort etwas gegen den schleichend-tötenden Feinstaub unternehmen. Wegen der Luftverschmutzung sterben in Europa jährlich 400 000 Menschen, in China über eine Million. Das wird nicht nur hingenommen, sondern die Feinstaubproduktion wird angeheizt: durch Beton, Autos, der Gier nach noch mehr Produktion.

    Nicht um Leben und Tod geht es bei der Corona-Krise. Es geht ganz konkret darum, dass das kaputtgesparte Gesundheitssystem jetzt nicht überfordert wird. Es rächt sich nun bitterlich, dass im neoliberalen Privatisierungswahn (der wie ein unbezähmbares Virus weltweit wütete und noch immer wütet) kommunale oder staatliche Fürsorgeeinrichtungen an Privatkonzerne verscherbelt worden sind, Reserven, die man nun so dringend bräuchte, entsorgt wurden, so dass die Kliniken zu Profitzentren wurden, oft zum Nutzen von global agierenden Heuschrecken – zu Lasten von fast allen Bürgern.

    (...)

     

  • Norbert Häring: Event 201 und die Bekämpfung von Fake News (mit Fortsetzung)  
    In einem Beitrag der “Zeit” zu Verschwörungstheorien um Covid-19 fand ich einen Link zu einem sehr interessanten Video über die Inhalte der Corona-Pandemie-Simulation “Event 201” von Oktober 2019. Dort wurde nicht nur über den Lockdown, Reisebeschränkungen und die wirtschaftlichen Schäden diskutiert, sondern auch darüber, wie man gegen Fake News vorgehen sollte.

    (...)
    Ab Minute acht geht es darum, dass Falschinformationen die Anstrengungen untergraben, die Pandemie zu kontrollieren. Das ist interessant um einzuordnen, was wir an Informationsmanagement derzeit wahrnehmen: eine Überflutung mit detaillierten, aber oft nicht aussagekräftigen und nicht untereinander vergleichbaren Daten, Medien, die sich vor allem als Multiplikatoren der Regierungsstrategie zu verstehen scheinen, und eine immer härtere Gangart gegen kritische Stimmen, bis hin zu Zensur auf den sozialen Medien oder gar dem Abschalten von kritischen Webseiten.

    Immerhin ist ja die mitorganisierende Johns Hopkins Uni derzeit die meistgenannte Quelle für die Corona-Hitlisten, die derzeit die Medien fluten und sind Bill Gates und das Weltwirtschaftsforum auch keine ganz unwichtige Spieler.

    Tom Inglesby von der Johns Hopkins Uni fragt im Video: “Wie viel Kontrolle von Information sollte es geben, und von wem, und wie kann Falschinformation effektiv angegangen werden? Und was, wenn diese Falschinformationen von Unternehmen oder Regierungen kommen?”

    Matthew Harrington, Global Chief Operating Officer der weltweit tätigen Kommunikationsberatungsfirma Edelman sagt dazu:

    “Wir haben den Punkt erreicht, wo Soziale Medienplattformen erkennen müssen, dass die Zeit, in der sie behaupten konnten, ‘Wir sind eine Technologieplattform und keine Medienplattform’ vorbei ist. Sie müssen sich aktiv daran beteiligen, korrekte Informationen zu verbreiten und in Partnerschaft mit den Wissenschafts- und Gesundheitscommunities (-Gemeinschaften) die Zone der korrekten Information fluten. Denn den Geist der Falschinformation wieder in die Flasche zu stecken, ist unmöglich.”
    Lavan Thiru von der Monetary Authority of Singapore betont, man müsse auch darüber reden, dass die Regierung stärker mit hoheitlicher Gewalt gegen Falschinformationen vorgehen.

    Jane Halton von der australischen ANZ Bank stimmt Harington zu, dass Internetblockaden und ähnliches weder funktionierten, noch erstrebenswert seien. Es gebe Alternativen. Eine davon sei die genannte Strategie des Flutens mit korrekten Informationen, eine andere sei, Informationsquellen, die Vertrauen genießen, mit den Tatsachen zu versorgen, sodass sie diese weitergeben können, “Aber wir müssen auch über eine technologische Lösung für das Problem nachdenken.” Leider erfährt man in dem Zusammenschnitt nicht, was sie weiter sagt.

    Fortsetzung (13. 04. 2020)
    Aber zum Glück gibt es auch eine ausführliche Videodokumentation, In deren Sektion 4 es eine gute halbe Stunde lang nur um diese Diskussion zur besten Strategie gegen Fehlinformation (Misinformation) und Desinformation.Hier hört man den ausführlichen Redebeitrag von Jane Halton. Es geht weiter mit:
    „Es wird an Algorithmen gearbeitet, die die Information auf diesen sozialen Medienplattformen durchkämmen, und ich weiß, die Gates Stiftung und andere sponsern Organisationen, damit sie daran arbeiten, damit die Leute mehr Zutrauen in die Informationsquellen haben können, die sie in einer Krise nutzen.“
    (...)
    In der schriftlichen Zusammenfassung der Lehren aus der Übung heißt es unter Punkt 7 zur Bekämpfung von Fake News:
    (Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator)
    Regierungen und der Privatsektor sollten der Entwicklung von Methoden zur Bekämpfung von Fehl- und Desinformation vor der nächsten Pandemiebekämpfung größere Priorität einräumen. Regierungen werden mit traditionellen und sozialen Medienunternehmen zusammenarbeiten müssen, um flinkere Ansätze zur Bekämpfung von Fehlinformationen zu erforschen und zu entwickeln. Dazu muss die Fähigkeit entwickelt werden, die Medien mit schnellen, genauen und konsistenten Informationen zu überfluten. Die Gesundheitsbehörden sollten mit privaten Arbeitgebern und vertrauenswürdigen Gemeindeführern wie z.B. Glaubensführern zusammenarbeiten, um Mitarbeitern und Bürgern sachliche Informationen zu vermitteln. Vertrauenswürdige, einflussreiche Arbeitgeber aus dem privaten Sektor sollten die Fähigkeit schaffen, die öffentliche Nachrichtenübermittlung schnell und zuverlässig zu verbessern, mit Gerüchten und Fehlinformationen umzugehen und glaubwürdige Informationen zur Unterstützung der öffentlichen Notfallkommunikation zu verbreiten. Nationale Gesundheitsbehörden sollten eng mit der WHO zusammenarbeiten, um die Fähigkeit zur raschen Entwicklung und Verbreitung konsistenter Gesundheitsbotschaften zu schaffen. Die Medienunternehmen ihrerseits sollten sich verpflichten, dafür zu sorgen, dass autoritativen Botschaften Vorrang eingeräumt wird und dass falsche Botschaften unterdrückt werden, auch durch den Einsatz von Technologie.
    Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

     

     

  • Florian Kirner: Kritik des Rubikon in der Corona-Krise

    Weite Teile des digitalen, alternativen Mainstreams sind in Anbetracht der Corona-Krise auf die gleiche Linie eingeschwenkt. Demnach haben wir es mit einem Staatsstreich zu tun, der den neuen Faschismus einführt. Covid-19 selbst sei dagegen „nicht schlimmer als die Grippe“ oder gar: „ein Fake“. Rubikon ist unter der energischen Führung seines Herausgebers Jens Wernicke federführend für diese Linie. Florian Kirner findet sie verantwortungslos und kritisiert, dass alles, was wir dem Mainstream-Journalismus vorwerfen, nun auch im Bereich der „alternativen“ Medien zu beobachten ist.

    „Die Welt hat Männerschnupfen.“ So fasst ein Autor des Rubikon die Gefährlichkeit des Corona-Virus zusammen. Männerschnupfen, das ist also dieser scherzhafte Ausdruck für die selbstmitleidige Hysterie, die die Herren der Schöpfung bei jeder noch so harmlosen Erkältung befällt.

    Wer ist der Mann, der dies so schreibt? Was qualifiziert ihn zu dieser Aussage? Ist er Mediziner? Virologe? Epidemiologe? Hat er nennenswerte wissenschaftliche Kenntnisse in für die Corona-Einschätzung relevanten Fachgebieten?

    Nun, es handelt sich um einen Studenten der Politologie und der Theaterwissenschaften. Auf meine kritische Nachfrage erfahre ich, er habe sich allerdings „bereits seit Wochen“ mit dem Thema beschäftigt, und zwar: „intensiv“.

    In einem neuen Video-Gespräch des Rubikon erfahren wir: „Vermutlich handelt es sich dabei um eine ziemlich normale grippale Infektion.“ Der, der diese Einschätzung tätigt, ist Kulturwissenschaftler und Theaterdramaturg. Inzwischen äußern sich im Rubikon auch Realschullehrer und gelernte Elektriker zu virologischen Fragen.
    (...)
    Verantwortung und Redlichkeit
    Man verzeihe mir nun diesen sehr langweiligen Hinweis: aber mir persönlich wird flau im Magen, wenn ich an die Möglichkeit denke, dass diese Einschätzung des Virus sich demnächst als grundfalsch herausgestellt haben sollte.

    Selbstverständlich bin ich nun nicht blind für die diversen Süppchen, die auch auf diesem Krisenherd gekocht werden. Wir leben im Katastrophenkapitalismus und die aktuell Herrschenden sind Virtuosen darin, jedes Desaster für eine weitere Verschiebung der Machtverhältnisse zu ihren Gunsten zu nutzen. Staatliche Übergriffe und fatale massenpsychologische Effekte der Corona-Krisenreaktion, die Machenschaften einzelner Akteure, der Pharma-Industrie, der Massenmedien und des Sicherheitsstaates zu attackieren – das ist nun ganz und gar nicht der Punkt, den ich kritisiere. Das ist vielmehr die Aufgabe jedes Journalisten und auch speziell des Rubikon, der ja für diese Zwecke gegründet wurde.

    Das Problem ist, dass diese Kritik nicht stärker, sondern schwächer wird dadurch, dass sie aus einer Haltung heraus vorgenommen wird, die den Virus selbst zu einer Petitesse erklärt, oder, wie Jens Wernicke dies in einer Massenemail tut (und wie es unzweifelhaft seiner Auffassung entspricht): zu einem Fake oder Hoax. Zitat Wernicke:

    „Nach mehrtägiger Recherche der Gesamtumstände steht für mich fest: es ist ein Fake, und das werden wir bald auch belegen können.“

    Nun ist zweifellos auch Jens Wernicke zu dieser Aussage ausgesprochen befähigt. Hatte er, der diplomierte Kulturwissenschafter, zu diesem Zeitpunkt immerhin eine „mehrtägige Recherche“ hinter sich gebracht.

    Ich frage mich und frage Jens Wernicke und frage die Leserinnen und Leser dieses Magazins: Ist das wirklich eine ausreichende Grundlage, die Verantwortung auf sich zu nehmen, in einer medizinischen Frage öffentlich Entwarnung, Fake und Hoax zu blasen? Wäre eine vorsichtigere Haltung nicht wesentlich angemessener – und auch eine überzeugendere Basis für die Kritik der zweifellos stattfindenden Herrschaftsexzesse?
    (...)
    Pandemien im 21. Jahrhundert
    Ich möchte mich nun meinerseits dem Virus selbst nähern, tue dies aber aus der Sicht meines Fachgebiets, eben der Geschichtswissenschaft und der zeitgenössischen Politik.

    Abseits der konkreten Gefährlichkeit von Covid-19, die ich nicht einschätzen kann, ist meines Erachtens offenkundig, dass und warum die Gefahr globaler Pandemien laufend steigt.

    Wir sind nahezu acht Milliarden Menschen auf der Welt. Die in den letzten drei Jahrzehnten entstandene Siedlungsstruktur unserer Spezies ist von der Konzentration gigantischer Menschenmassen auf sehr engem Raum geprägt. So hatte kaum jemand je von „Wuhan“ gehört. Wie sich jetzt herausstellt, beherbergt der Ballungsraum Wuhan aber eine zweistellige Millionenzahl Menschen.

    Schon dies ist und war historisch typischerweise eine Grundlage katastrophaler Seuchen: ein schnelles, unkontrolliertes Städtewachstum.

    Hinzu kommt eine nie dagewesene Mobilität – von Tourismus über Geschäftsreisen und Fluchtwellen bis hin zu einem globalen Warentransport unvorstellbarer Ausmaße. Hierbei werden nicht nur kulturelle Erfahrungen, Dienstleistungen und Produkte ausgetauscht, sondern ebenso Flora (Neophyten), Fauna und selbstverständlich auch Bakterien und Viren.
    (...)
    Journalistisches Ethos
    Damit ist, ich wiederhole es, über die konkrete Gefährlichkeit eines konkreten Virus noch nichts ausgesagt. Und ich werde dazu auch nichts sagen. Noch einmal: Mir fehlt dazu jegliche Fachkenntnis und das lässt sich weder durch „mehrtägige Recherche“ noch durch eine „intensive Beschäftigung“ von „vielen Wochen“ mal eben so beheben.

    Wenn wir aber zur Frage des journalistischen Ethos zurückkehren, stellt sich die Frage, welche Verantwortung man als Journalist für die möglichen Wirkungen des Geschriebenen auf die öffentliche Gesundheit und auf die spezielle Gesundheit seiner eigenen Leser und deren Umgebung hat.

    Rubikon agiert hier aus meiner Sicht verantwortungslos. Die Grundhaltung, dass dieser Virus eben ein Fake, eine Hoax, eine Grippe oder harmloser als eine Grippe sei, scheint überall durch. Sich in einer substanziellen Weise zu Fragen der Seuchenprävention zu äußern, halten die allerwenigsten Autoren für nötig. Wer nur Rubikon liest, sieht sich nicht einmal dazu veranlasst, sich öfter als üblich die Hände zu waschen.
    (...)
    Mich wundert das. In meinem eigenen Verhalten befolge ich die Ratschläge jener Virologen und Ärzte, die den Virus für sehr gefährlich halten, obwohl ich mir, wie gesagt, über die Gefährlichkeit von Covid-19 keineswegs ein unzweifelhaftes Bild zu machen imstande bin. Ich sorge auch in meinem alltäglichen Umfeld dafür, dass hygienische Vorsichtsmaßregeln konsequent beachtet werden.

    Gleichzeitig schaue ich mir natürlich auch die Argumente der Kritiker an. Ich bin Staat und Pharma-Industrie nicht plötzlich treu ergeben. Ich finde das Potential des Seuchen-Notstands als Methode der präventiven Aufstandsbekämpfung beängstigend. Die zahlreichen Versuche, die Situation zu großen und kleinen Machterweiterungen zu nutzen, sehe ich ebenso klar wie die Euphorie der Pharma-Riesen, die das Geschäft des Jahrtausends wittern.

    Aber die evident steigende Wahrscheinlichkeit globaler Pandemien in der Weltgesellschaft des 21. Jahrhunderts, meine Sorge um die Alten und bereits gesundheitlich Geschwächten sowie die Erkenntnis meiner eigenen, mangelnden fachlichen Befähigung verbieten mir kategorisch, diese notwendige Ebene der Kritik zu bespielen, ohne gleichzeitig und mindestens so deutlich für maximale Vorsicht und verantwortungsbewusstes Verhalten zu plädieren.

    Pluralismus oder Rudel?
    Nun hängt die Einschätzung der staatlich verordneten Maßnahmen zweifellos an der Frage, wie gefährlich Covid-19 denn nun wirklich ist. Ich bin sehr dafür, das zu diskutieren. Idealerweise sollte dies nicht Historikern, Elektrikern und Kulturwissenschaftlern anheim gestellt sein.

    Freilich kommen in den „alternativen“ Medien und im Rubikon auch Experten zu Wort. Wolfgang Wodarg beispielsweise ist zweifellos ein Kenner der Materie. Ihm dies abzusprechen und den ganzen Mann als Spinner abzutun, ist wiederum eine widerliche Methode des alten Mainstreams, unliebsame Stimmen zum Schweigen bringen zu wollen.

    Ich bin nun nicht dafür, dass Wodarg und Co. schweigen sollen. Was aber haben wir von diesem alten, verachteten, bürgerlichen Mainstream immer eingefordert? Was haben wir behauptet, sehr viel besser zu machen in den neuen Medien? Ging es da nicht um eine Debattenkultur, die unterschiedliche Positionen zulässt? Haben wir uns nicht auf die Fahne geschrieben, inhaltlichen Pluralismus zu ermöglichen, während die anderen Medien stromlinienförmig auf Herrschaftslinie sind? Gleichgeschaltet? Uniform? Gekauft?

    Wenn ich mir die aktuelle Nachrichtenlage ansehe, kann ich nur feststellen: Der Vorwurf des Rudeljournalismus trifft auf die „alternativen Medien“ zu 100 Prozent zu. Man hatte einen schnellen Verdacht, der sehr gut ins ohnehin vorhandene Weltbild passte, hat einige Fachleute gefunden, die diese Auffassung stützen – und anstatt nun eine plurale, kontroverse Debatte zu organisieren, werden diese Fachleute reihum durch die digitalen Plattformen gereicht.
    (...)
    Wodarg bei Rubikon, Wodarg bei KenFM, Wodarg bei RT, Wodarg bei Nuoviso, Wodarg bei Eva Hermann, Wodarg hier und Wodarg da. (...) Gegenmeinungen sind deshalb auch ganz überflüssig, wie es scheint. Plurale Debatte nicht nötig. Autoren, die die Sache anders sehen, kommen nicht mehr zu Wort. (So wurde auch dieser Artikel von Rubikon abgelehnt.)

    Was aber wenn Wodarg irrt?

    Dann steht der alternative Mainstream ziemlich blöd da, seine journalistische Glaubwürdigkeit wird vernichtet sein – und das wäre dann das geringste Problem gewesen. Wenn Wodarg und Co. nämlich irren und Covid-19 sich tatsächlich als weitaus gefährlicher als „eine normale Grippe“ herausstellt, wenn Corona kein Fake und keine Hoax ist, sondern eine echte, globale, gesundheitliche Bedrohung – dann werden alle diese Medien, auch mein einst geliebter Rubikon, eine nicht mehr reinzuwaschende Schuld auf sich geladen haben. Und ich zumindest begehre, dazu nicht geschwiegen zu haben.


     

  • Uli Gellermann: Corona-Hexen-Jagd (an der Jagd sind auch Linke beteiligt)
    Die Corona-Hexenjagd jagt keinen Virus. Gejagt werden jene, die Fragen in Viruszeiten stellen: Danach, wie denn die täglichen Todes-Zahlen ermittelt werden, danach, ob man denn die Corona-Infektion mit der Grippe vergleichen kann, danach, warum denn die Aussetzung der Grundrechte gesund sein soll.

    Hexen als Konkurrenz zur Religion
    Hexen und Hexer waren meist kundige Menschen, die im Mittelalter als Konkurrenz zum religiösen, zum allein selig machenden Wissen auftraten. Diese Konkurrenz musste ausgegrenzt, gern auch auf Scheiterhaufen verbrannt werden. So richtig brennen muss bei uns heute keiner mehr, der eine andere Meinung hat. Es reicht, die Abweichler mit Dreck zu bewerfen, die aus der Gesellschaft auszuschließen, sie zu Parias zu machen.

    Lehrmeinung infrage gestellt
    Eine ganze Reihe von Ärzten und Wissenschaftlern hatte es gewagt, die offizielle, vom Robert-Koch-Institut und der Regierung verbreitete Lehrmeinung infrage zu stellen: Der Lungenfacharzt Dr. Wodarg, der Infektionsepidemiologe Dr. Sucharit Bhakdi, die Virologin Prof. Dr. Karin Mölling zum Beispiel. Wenn die bestimmenden Medien sie und ihre Fragen und Einwände überhaupt wahrnehmen wollten, dann wurden sie der allgemeinen Verachtung preisgegeben.

    Den schwedischen Weg ignoriert
    Dass es ein ganzes Land gibt, dass einen anderen Weg zur Virus-Bekämpfung geht, dass die Schweden ihre Grundschulen geöffnet halten, ihre Läden und Restaurants auch, dass selbst in Skigebieten der übliche Betrieb läuft, ist in Deutschland kaum bekannt. Der oberste schwedische Epidemiologe, Anders Tegnell, ist gegen eine Ausgangssperre. Das ignorieren deutsche Medien ebenso konsequent wie stumpfsinnig.

    Die "Anstalt" primitiv
    Die Beton-Meinung deutscher Medien wurde am klarsten, wenn man sich ein Medium ansah, das lange Zeit dem deutschen Mainstream-Einerlei eine gewisse Würze hab: Die ZDF-Satire-Sendung Die Anstalt. Die dort agierenden Herren von Wagner und Uthoff galten als echte Alternative, als intelligent und integer. Doch von Wagner und Uthoff, zurück im Amts-Funk, nahmen sich in widerlich primitiver Weise den Arzt Dr. Wodarg vor. Der schwer erträgliche Höhepunkt der Sendung war ihr Spott über die langen Haare des Arztes, eine kleinkarierte Anmerkung, die man zuletzt von den Spießern der 60er Jahre hatte hören können. Die fachliche Kritik der beiden Kabarettisten an Dr. Wodarg, deren medizinische Praxis sich auf das Ausdrücken von Pickeln beschränkt, war von ähnlicher Qualität wie ihre ästhetische Meinung.

    Zweifel als Handwerkzeug der Welt-Erkenntnis
    Früher, vor Corona, war es guter Brauch linker Intellektueller, gesellschaftliche Erscheinungen von zumindest zwei Seiten zu betrachten. Der Zweifel gehörte zum wesentlichen Handwerkzeug der Welt-Erkenntnis, zu fragen war die erste Pflicht der Aufklärer. Vor allem, wenn es um die Beschädigung der Grundrechte, um die verbrieften Freiheiten ging.

    (...)   Hier weiterlesen!

     

    Multipolar (Ulrich Teusch): Katastrophengesellschaft in Bestform – vorläufige Überlegungen (...)  
    II
    Mit Multipolar haben wir versucht, die Corona-Gefahr nüchtern zu analysieren, die begleitende Debatte zu versachlichen und – vor allem – offenzuhalten (oder überhaupt erst zu öffnen). Dem Zweck der Öffnung oder des Offenhaltens diente die frühe Publikation von Wolfgang Wodargs dissidenter Einschätzung der Gefahrenlage. Ihr folgten mehrere analytische Beiträge Paul Schreyers. Deren Kernaussage lautet:

    „Die Coronakrise legt das öffentliche Leben lahm. Dabei ist die außerordentliche Gefährlichkeit des Virus weiterhin nicht belegt. Wichtige Daten fehlen, werden nicht erhoben oder nicht veröffentlicht. Die Medien agieren als Panikbeschleuniger und unkritische Sprecher der Behörden, während Freiheitsrechte drastisch beschränkt werden.“

    Anders formuliert: Wir (von Multipolar) haben bezüglich Corona einfach noch ein paar Fragen. Und bevor hier und anderswo die Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, möchten wir diese Fragen bitte klar und überzeugend beantwortet haben. Wenn die Lage tatsächlich so ernst ist wie behauptet, warum werden wir dann tagtäglich mit zweifelhaftem, unvollständigem, häufig kontext- und sinnfreiem Datenmaterial konfrontiert? Warum tischt man uns Zahlen auf, die uns in Angst und Schrecken versetzen (möglicherweise auch versetzen sollen)? Und warum verschweigt man uns andere Zahlen, die für eine realistische Einschätzung essentiell sind? Wir blicken nicht auf ein schlüssiges Gesamtbild, sondern starren wie hypnotisiert auf Trug- und Zerrbilder.

    Zudem fragen wir uns, warum derzeit Dinge, die ursächlich nichts mit Corona zu tun haben, immer wieder mit Corona in Verbindung gebracht werden, etwa der Bailout in den USA oder die sinkenden Ölpreise. Es sieht aus, als träfen zurzeit mehrere große Krisen zusammen und würden sich wechselseitig verstärken. Daher spricht einiges dafür, dass die von den Obrigkeiten verfügten massiven Einschränkungen unseres privaten und öffentlichen Lebens nicht allein mit "Corona“ zu erklären sind. (Mit diesem Problem werden wir uns in den kommenden Wochen sicher noch eingehend zu beschäftigen haben.)

    Unser Ansatz – rein journalistisch, frei von missionarischem Eifer – brachte uns viel Resonanz und Zustimmung. Er rief aber auch Kritiker auf den Plan, die uns vorwarfen, wir wiegelten ab, beschwichtigten, verharmlosten. Doch das ist nicht wahr. Wir haben nichts verharmlost und werden nichts verharmlosen, sondern weiterhin faktenbasiert argumentieren. Es geht uns um eine nüchterne, realistische Lageeinschätzung – jenseits der Extreme, jenseits von Hysterie und Beschwichtigung.
    (...) 

     

     

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