Lesefrüchte

August 2020

Hier sammeln wir Artikel, die auch über den Tag hinaus interessant sind und zitieren Auszüge. Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, verschieben wir ältere Empfehlungen ins „Archiv“.


Roland Tichy: Corona-Demonstration: Was bleibt
Gabriela Uhde: Warum wir den Vorwurf „Lügenpresse“ ernst nehmen sollten.

NDS, Hinweise der Woche
vom 20.08. Nr. 1: Corona und die Wahrheit

Sucharit Bhakdi:
COVID-19: Immunität und Impfung

Alexander Kissler
(NZZ): Der Berliner Senat hat Demokratie offenbar nicht begriffen

Milosz Matuschek:
Ach, ihr Linken! Gebt doch endlich Gedankenfreiheit

Prof. Dr. Markus Veit:
Hauptsache Maske!?
Jens Berger:
Angst machen mir die Ja-Sager und Mitläufer
Ulrich Schödlbauer: Zweite Welle
Paul Schreyer: Covid 9/11


 

  • Roland Tichy: Corona-Demonstration: Was bleibt

    (...) Es bleiben einige Erkenntnisse, deren erste Unwissen bedeutet. Wie viele waren denn auf dieser Demonstration und im Umfeld? Die Polizei hat lange dazu nichts sagen wollen, denn mittlerweile ist klar: Zumindest in Berlin sind ihre Zahlen auch der politischen Linie untergeordnet. Nach dem Theater um die vorherige Demonstration, wo scheibchenweise die Zahl erhöhte wurde, wie wenn der Metzger immer noch eine Scheibe Göttinger drauflegt, bis das halbe Pfund voll ist – wir erleben einen dramatischen Vertrauensverlust. Das ist die erste Lehre.

    1. Vertrauensverlust in die Politik
    Nicht nur die Berliner Polizei hat Vertrauen verloren, auch die gesamte Corona-Politik erlebt ein Gaubwürdigkeits-Desaster. Dabei geht es nicht um Verharmlosung der Gefährlichkeit der Pandemie; die gibt es auch. Es geht um den richtigen Umgang. Es sind die offiziellen Zahlen, die in krassem Widerspruch zur öffentlichen Verlautbarung stehen. 240 Patienten derzeit auf den Intensivstationen, sinkende Infektionszahlen und immer noch niedrigere Prozent-Werte von Angesteckten und noch weniger Erkrankungen bei immer noch weiter ausgedehnter Suche – diese Zahlen rechtfertigen nicht die ständigen Drohungen der Merkel und ihrer Söder mit wieder verschärften Maßnahmen.

    Es geht nicht darum, „die Zügel anzuziehen“ wie die Kanzlerin von oben herab zu einer infantilisierten Bevölkerung redet, sondern um Lockerung und Management eines mittlerweile erkennbaren und überschaubaren Risikos; Corona ist nicht die einzige Malaise in diesem Land. Der Lockdown vom März war überzogen, das wissen wir heute; die Warnungen eines Beamten aus dem Innenministeriums haben sich schaurig bewahrheitet. Gut; im Nachhinein etwas besser zu wissen, rechtfertigt keine Kritik an der Tagesentscheidung. Aber die Verlängerung des Lockdowns war Kraftmeierei, und die Überbetonung des konkreten Risikos ist Ursache eines Glaubwürdigkeitsverlusts der Politik; im übrigen, liebe Politiker, entspannt Euch.

    Noch einen Lockdown würden die Bürger in diesem, unserem Land nicht mitmachen – und auch weder sozial noch wirtschaftlich aushalten, soviel Schulden könnt ihr gar nicht aufnehmen und soviel Geld könnt ihr gar nicht drucken. Als hört auf mit dem Gerede.

    2. Es war bunt und divers (...)
    3. Signal der Unzufriedenheit
    Was bleibt, ist ein Signal der Unzufriedenheit. Immer mehr Deutsche fühlen sich ganz offensichtlich in ihrem Land fremd. Deswegen suchen sie nach neuen Anführern, nach Putin, nach Jesus, Erdogan oder Kaiser Wilhelm oder Donald Trump: sie suchen jedenfalls nach jemandem, der ihre Welt wieder in Ordnung bringt, nachdem die Politik ständig neue Unordnung propagiert und herstellt. Täglich wird ihnen ihre komplette Unzulänglichkeit von der Politik eingeredet, sie konsumieren falsch, essen falsch, wählen zu oft falsch, führen ihren Hund falsch Gassi, essen zu viel Fleisch, sind zu rassistisch, zu alt, zu weiß, überhaupt zu einheimisch. Sie sprechen sogar komplett falsch und machen keine Gender-Pause und verstehen nicht, warum ein Urlauber ein Urlaubender sein soll und worin die Sünde des Urlaubers besteht. Dieses Unbehagen hat sich auf der Demo manifestiert. Die Welt ist kein Parteiprogramm der Grünen, das von der CDU umgesetzt wird. Die Leute wollen ihr Leben zurück, und die Corona-Gängelei ist nur der Höhepunkt einer ständigen Zumutung, die sich Politik nennt.

    4. Der Rechtsstaat funktioniert – noch (...)
    5. Rot-Rot-Grün ist verfassungsfeindlich (...)
    6. Links darf, rechts nicht (...)
    7. Wer die Demokratie verteidigt (...)
    8. Ein Dank an Andreas Geisel
    Der Berliner Innensenator gehört zu Recht zu den am meisten gescholtenen Personen des Wochenendes. Es wird Zeit, ihm Dank auszusprechen. Er hat versucht, die Demokratie durch das Demonstrationsverbot auszuhebeln. Bewirkt hat er, dass Gerichte, Bürger und auch die Polizei sich letztlich dagegen gewandt haben. Ohne Geisel wäre die Demonstration um vieles kleiner geblieben. Er hat eine Lehre darüber erteilt, wo die Feinde der Demokratie sitzen. Mittlerweile in vielen Regierungsämtern.

    9. Abrüsten statt aufrüsten und zuhören
    Merkel und ihre Partner im Geiste sollten nach dieser Demonstration aufhören, immer weiter gegen die Bürger aufzurüsten. Es wäre besser, mal wieder zuzuhören. Etwas Bescheidenheit gehört dazu; die Bürger sind keine Kleinkinder, die man nach Belieben wegsperren kann, wobei diese Erziehungsmethode längst untersagt ist. Oder über deren Köpfe man regiert, weil sie zu dumm sind, die höhere Weisheit der Regierenden zu verstehen.

    In der FAZ vom Samstag bekräftigt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Absicht, die „Chance der Krise nutzen“ zu wollen. „Nutzen”, das sind für ihn Euro-Bonds, gemeinsame Schulden, Besteuerungsrecht der EU-Kommission, und zwischen den Zeilen wird die Beteiligung des Bundestags als lästig und hinderlich abgetan. Wem hat die Pandemie dafür dieses Mandat erteilt? Inwiefern hat das Virus verlangt, weitere Souveräntitätsrechte nach Brüssel abzugeben, von denen er spricht und die demokratische Kontrolle der Politik weiter aufzuweichen?

    Es könnte sein, dass immer mehr Bürger bemerken, dass die Pandemie nicht bekämpft, sondern instrumentalisiert wird. Manche Politiker haben die Botschaft der Demonstration nicht verstanden. Jedenfalls noch nicht.

     

  • Gabriela Uhde: Warum wir den Vorwurf „Lügenpresse“ ernst nehmen sollten.
    „Die Journalistin Gabriela Uhde hat aus Anlass des Demonstrationsgeschehens und des Umgangs unserer Medien damit einen Kommentar für die NachDenkSeiten geschrieben, den wir Ihnen zum Abschluss des Demonstrationswochenendes und zur Einstimmung auf viele Berichterstattungen und Kommentierungen des Geschehens gerne zur Kenntnis geben.“ ( Albrecht Müller).  

    Am Samstagabend um 19.20 Uhr stand in den EPG-Informationen[**] zur „Heute“-Sendung als Stichwort über die dort behandelten Themen: „Demonstration gegen Corona-Maßnahmen – Veranstaltung aufgelöst“.
    Das war, freundlich gesprochen, irreführend. Es konnte den Eindruck erwecken, dass die gesamten Aktivitäten der DemonstrantInnen in Berlin eingestellt worden wären. Wer das las, wurde also falsch informiert.
    Denn tatsächlich war mittags ein Demonstrationszug in Berlin in der Friedrichsstraße aufgelöst worden, doch die Kundgebung an der Siegessäule war zu diesem Zeitpunkt noch in vollem Gange, und wurde, wie geplant erst spät am Abend beendet.

    Vier Wochen zuvor hatte sich Dunja Hayali für ihre ZDF-Sendung auf der Demonstration derselben „Querdenker 711“ den Vorwurf „Lügenpresse“ anhören müssen. Sie empörte sich darüber, dass diese Rufer damit die Pressefreiheit mit Füßen traten.

    Das passt schlecht zusammen.

    Wer wirklich daran interessiert ist, guten Journalismus zu betreiben, muss in der Lage sein, nicht nur Hintergründe zu entdecken, sondern auch stets sich selbst kritisch zu hinterfragen.

    Und dann muss man feststellen: Ja, in den Medien werden tatsächlich Lügen verbreitet. Tagtäglich. Hinter so manch öffentlich gegebenen Ehrenwort versteckten sich üble Machenschaften.
    Wie oft werden Politiker zitiert oder kommen im Fernsehen selbst zu Wort, die ihre Haut retten wollen, nachdem sie Unredliches getan haben. Wie viele Bürgermeister stellen der Leserschaft die Situation in ihrer Kommune anders dar, als sie in Wahrheit ist?! Die Agierenden selbst mögen es vielleicht nicht so sehen, sehen sich in einer Verteidigungslage, in der ihnen jede Notlüge erlaubt scheint. Doch es ist und bleibt eine Lüge, wenn man die Wahrheit verdreht.

    Auch das Weglassen eines Teils der Realität ist eine Lüge. Denn dies bedeutet, dass das Gesamtbild verfälscht dargestellt wird. Wir wissen alle, dass kein Mensch die ganze Wahrheit erkennen, geschweige denn abbilden kann. Sich aber bewusst auf einem Auge blind zu stellen, ist nur eine schlechte Angewohnheit, die man sehr schnell ablegen kann.

    Ja, es gibt eine „Lügenpresse“. Und: Ja, das darf man sagen. Denn nur, indem ein Missstand öffentlich benannt wird, kann man Abhilfe schaffen.
    (...)
    Ein Anfang wäre vielleicht, wenn man über Demonstrationen dieser Größenordnung wie vorigen Samstag in Berlin im ZDF in einer Sondersendung berichtet, in der die wesentlichen Redebeiträge zusammengefasst und im O-Ton zu hören sind. Dies für all jene, die nicht dabei waren, und die nicht die Zeit haben, sich alle Videos in voller Länge anzuschauen. Damit sie sich in kurzer Zeit möglichst umfassend über das Geschehene informieren können. Das ist die Aufgabe des Journalismus: Das Material zu liefern, aufgrund dessen sich die mündige Bürgerschaft dann ihre eigene Meinung bilden kann.

    Wir haben uns offenbar schon so sehr daran gewöhnt, dass uns gar nicht mehr auffällt, wie klischeehaft über Demonstrationen berichtet wird. Wir würden es erst dann merken, wenn man über eine Gemeinderatssitzung ebenso schreibt: „Es waren 30 Gemeinderätinnen und -räte anwesend, im Zuschauerraum saßen weitere acht Personen. Zu gewalttätigen Ausschreitungen ist es nicht gekommen.“

     
  • NDS, Hinweise der Woche vom 20.08. Nr. 1: Corona und die Wahrheit
    “Zeuge der Wahrheit” sein – das erwartet die Gesellschaft von den Medien, von den Journalisten. Erwartet wird hier zu allererst, dass sie für “Aletheia” sorgen, dass sie das Verborgene aufdecken, dass sie den Teppich wegziehen, unter den Skandalöses gekehrt worden ist. Der Journalismus soll dubiose Waffengeschäfte enthüllen, er soll aufdecken, wo Reiche und Mächtige ihr Geld verstecken, um Steuern zu sparen, er soll politische Lüge und Korruption aufspüren. Die Wahrheit soll ans Licht. Als, zum Beispiel, die Panama-Papers veröffentlicht wurden, war das so eine Licht- und Sternstunde. Diese Aufdeckungsarbeit aber ist es nicht allein. Aufdeckung geschieht nicht um der Erregung willen, sondern, nehmen wir ruhig dieses Wort, um der Treue zu Demokratie und Rechtsstaat willen.
    Die journalistische Wahrheitssuche muss mit Neugier, Urteilskraft und Integrität betrieben werden, sie muss in Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Vertrauen eingebettet sein.
    Zwei wissenschaftliche Studien haben nun untersucht, wie es sich damit in der journalistischen Begleitung und Behandlung der Corona-Krise verhält. Die eine Studie stammt vom Schweizer Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) und befasst sich mit der “Qualität der Berichterstattung zur Corona-Pandemie”; sie kommt zwar zu einem tendenziell eher positiven Ergebnis, legt aber den Finger in einige tiefe Wunden, wie sie der Journalistikprofessor Klaus Meier von der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt schon im April beschrieben hat: “zu wenig Einordnung, zu wenig Recherche, zu behördennah”.
    Die andere Studie stammt von den Medienforschern Dennis Gräf und Martin Hennig, die an der Universität Passau arbeiten und mehr als 90 Sendungen von “ARD Extra” und “ZDF-Spezial” untersucht haben. Die Gräf/Hennig-Studie erhebt den Vorwurf, es werde nicht genügend differenziert; die Sender hätten einen massenmedialen “Tunnelblick” erzeugt. Schon die Häufigkeit der Sondersendungen vermittle Zuschauern ein permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario. Die immer wieder gezeigten Bilder kennt man “aus Endzeiterzählungen und Zombiegeschichten”, meinte der Literaturwissenschaftler Gräf. “Sondersendungen wurden zum Normalfall und gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet”, fasste Gräf gegenüber der Nachrichtenagentur epd zusammen.
    Quelle: Heribert Prantl in der SZ
     

    dazu: Die seltsame Pandemie
    Christian Drosten könnte uns wirklich alles erzählen. Wer sollte seine Aussagen richtigstellen? Seine Botschaft ist kein Dialog mit der Fachwelt, sondern ein Monolog an die unwissende Bevölkerung. Und von dieser ist gewiss keine Korrektur zu erwarten. Alle Drostens dieser Welt haben in der Pandemie sozusagen eine Carte Blanche. Niemand widerspricht! Experten mit anderer Meinung werden einfach konsequent ignoriert oder gar diffamiert. In der Öffentlichkeit werden sie bestenfalls als seltsame Trottel wahrgenommen. Wer ihnen zuhört, ist ein “Covidiot”. Hillary Clintons “basket of deplorables” lässt grüßen.
    Aber muss man vom Fach sein? Wenn mir ein Astronom erklärt, der Mond sei aus Käse, dann wage ich zu widersprechen. Wenn mir ein Elektroingenieur sagt, der Strom komme aus der Schokoladenfabrik, dann widerspreche ich. Das sind überzogene Beispiele, doch man braucht wirklich kein Experte zu sein, um auch weniger offenkundige Lügen zu durchschauen. Sogar bei völligem Unverständnis der Materie sind wir durchaus in der Lage, zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden. […]
    Aufgabe der Journalisten wäre es, diese Schwingungen in der Gesellschaft in verständliche Informationen zu übersetzen. Was genau geht da vor sich? Was sind die Ursprünge, welches die Auswirkungen? Sind Interessen im Spiel? Wenn ja, welche? Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer?
    Vor allem aber sind Journalisten dazu verpflichtet (!), sich alle Seiten anzuhören, Gegenstimmen einzuholen, besonders solche von Experten. Denn nicht selten haben sie selbst auch keine Ahnung von der Materie, über die sie berichten. Und genau das ist ihre Aufgabe: möglichst neutral über das Geschehen zu “berichten”.
    Und wenn genau das nicht geschieht – wenn die geballte Macht des Mainstreams nur eine Perspektive zeigt, wenn die immer gleichen Experten auf allen Kanälen die immer gleiche Meinung verbreiten, wenn Gegenstimmen nicht zugelassen und diffamiert werden, wenn man alle Zweifler der Lächerlichkeit preisgibt, sie beleidigt und verhöhnt –, dann ist klar, dass da etwas nicht stimmt. 
    Quelle: RT Deutsch   (Hervorhebung von uns)

     

  • Sucharit Bhakdi: COVID-19: Immunität und Impfung
    Aus der Beschreibung des Videos in den NDS:
    Ab Minute 22.30 zu der Frage: Sollen wir impfen oder nicht? Sollen wir auch die unter 65jährigen impfen? Prof. Sucharit Bhakdi: “Ich bin ein Impfbefürworter, schon immer gewesen. Das hat aber nichts mit SARS CoV-2 zu tun. […] Impfungen sind ein Meilenstein in der Medizin und retten unzählige Menschenleben, das habe ich jahrzehntelang gelehrt und ich stehe dazu. Impfungen funktionieren aber nicht für alle Erkrankungen, sonst hätten wir keine Infektionserkrankungen, und bei jeder Impfung muss eine Abwägung von Schaden und Nutzen erfolgen. Wann macht eine Impfung Sinn? Wir schlagen vor: Wenn eine hohe Sterberate oder eine hohe Rate von Schädigungen verursacht werden und wenn eine hohe Schutzeffizienz durch die Impfung erreicht wird. Ein klassisches Beispiel ist Tetanus […] die Antikörper reichen nach Jahren noch aus. Das ist aber bei Erregern von Atemwegsinfektionen nicht der Fall. […] Bei jeder konventionellen Impfung musste bislang das sogenannte ‘Risk-Benefit-Ratio’ (Risiko-Nutzen-Relation) sorgfältigst geprüft werden. Die Entwicklung eines normalen Impfstoffs dauert mindestens 5 Jahre, manchmal 7 oder 10 Jahre, und das muss so sein, denn es gibt keine Impfung ohne Risiko.”

    Ab Minute 25 erklärt Bhakdi den Unterschied konventionellen und Gen-basierten Impfstrategien.

    Ab Minute 27 gibt Bhakdi einen kurzen Rückblick auf die Erfahrungen mit der Schweinegrippeimpfung, als die Kontrollmaßnahmen 2009 missachtet worden seien und schwerste Impfschäden entstanden seien (Narkolepsie), und er bringt Beispiele aus der damaligen Berichterstattung.

    Ab Min. 30:35 schließt er mit seiner Hypothese zur Gefährlichkeit von Immunverstärkern (Adjuvantien) bei herkömmlichen Impfstoff, die er zur wissenschaftlichen Diskussion stellen möchte.

    Ab Min. 34:40 Bhakdi zur Gen-basierten Impfung (DNA oder RNA): “Nach meinem theoretischen Wissen ist es gemeingefährlich, weil wir das bereits hatten, wenn ein Virus-Gen reinkommt (in die Zelle) und diese Spike-Proteine gebildet werden, die Greifhändchen und rausgeschleust werden (aus der Zelle), dann werden diese Spikes irgendwo abgebaut und dann entstehen ‘Abfallprodukte’ und diese werden von der Zelle ‘vor die Tür gestellt’. Diese Abfallprodukte werden erkannt von Lymphozyten. Bedenken Sie bitte, dass 80% aller gesunden Menschen ‘Killer-Lymphozyten’ haben, die zum Angriff bereit sind. Das kann nur zu einem Selbst-Angriff (Autoimmunerkrankung) führen, es kann nicht anders sein, denn so funktioniert das Immunsystem. Deshalb ist es mir so wichtig, dass Ärzte und Wissenschaftler sich jetzt zusammentun und konstruktiv diskutieren, ob diese Gefahr nicht wirklich besteht, denn wenn wir das nicht tun, verletzen wir unsere Urpflicht.”

     

  • Alexander Kissler (NZZ): Der Berliner Senat hat Demokratie offenbar nicht begriffen

    Die linke Stadtregierung der Hauptstadt hat mehrere Grossdemonstrationen verboten, die sich gegen die deutsche Corona-Politik wenden. In der Begründung vermischt sie virologische und weltanschauliche Bedenken. Das ist skandalös.

    Wer in Berlin lebt, der weiss: Demonstrationen gehören zum Stadtbild wie das Brandenburger Tor. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass kleinere oder grössere Gruppen für mal sinnvolle, mal abstruse oder abstossende Anliegen auf die Strasse gehen. Das Grundgesetz schützt die Versammlungsfreiheit in den Grundrechten, Artikel 8, und Berlin bietet die bekannteste Bühne des Landes. Soll damit nun Schluss sein? Will die rot-rot-grüne Landesregierung das Demonstrationsrecht auf dem Verwaltungsweg aushebeln? Darauf deuten Aussagen des Innensenators Andreas Geisel.

    (...) Der Senat beruft sich auf «Verstösse gegen die geltende Infektionsschutzverordnung», mit denen «bei dem zu erwartenden Kreis der Teilnehmenden» zu rechnen sei. Doch dabei belässt er es nicht.

    Kennt Berlins Innensenator das Grundgesetz?
    Innensenator Geisel legt zugleich eine Begründung vor, die die virologische mit der politischen Ebene verquickt. Der Sozialdemokrat ist nach eigenen Angaben «nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird». 
    (...)
    Viel zu leicht und oft wird Skandal gerufen. Geisels Worte aber sind skandalös. Sie wecken Zweifel an der Verfassungstreue des rot-rot-grünen Berliner Senats. Und sie nähren den Verdacht, der Kampf gegen die Pandemie werde missbraucht, um missliebige Meinungen zum Schweigen zu bringen.

    Berlin ist tatsächlich eine Bühne, und sie dient verschiedenen Zwecken. Der Innensenator aber ist nicht der Zirkusdirektor, der nach Gutdünken entscheiden darf, welche Stücke aufgeführt werden und welche nicht. Oder warum durften die «Black Lives Matter»-Demonstrationen im Juni und Juli stattfinden, bei denen die Teilnehmer ebenfalls dicht an dicht standen und viele von ihnen keine Masken trugen: Waren die Botschaften auf den Plakaten damals politisch opportun?

    Staatskritik ist keine Majestätsbeleidigung
    Das Recht auf freie Meinungsäusserung ist nicht an den Inhalt der Meinung geknüpft. Rechtsstaatlichkeit zeigt sich darin, dass Staatskritik erlaubt ist, auch solche fundamentaler Art. Der Rechtsstaat ist keine Majestät, die Kritik als Beleidigung abtun darf. Er teilt Freiheit nicht zu, er lässt sie gewähren. Die Bundesrepublik mit ihrer nachholenden Freiheitsgeschichte sollte in dieser Hinsicht couragiert sein – also pluralitätsfreundlich, rechtssicher und verfassungstreu.

    Freiheit ist, wenn, dann unteilbar. Sie entspringt der rechtsstaatlichen DNA der Republik und nicht etwa der Huld der Regierenden. Man hat sie. Man muss sie sich nicht verdienen. Und um sie einzuschränken, braucht es stärkere Gründe als soziologische Mutmassungen und bessere Motive als politische Abscheu. Berlins Senat hat Demokratie offenbar nicht begriffen.

     

  • Milosz Matuschek: Ach, ihr Linken! Gebt doch endlich Gedankenfreiheit
    Es geht ein Gespenst um: der Cancelgott. Man sieht ihn nicht, aber er sieht uns. Er weiß, was wir vor fünf Jahren im Radio gesagt oder vor drei Jahren auf Facebook gepostet haben. Und nur so viel: Er ist oft nicht amused. In letzter Zeit gar noch weniger. Niemand hat ihn je gesehen, weshalb manche denken, dass es ihn gar nicht gibt. Aber wer heutzutage „mit den falschen Leuten“ eine Lesung, eine Kabarettvorstellung, ein Seminar abhält oder daran teilnimmt, vielleicht nur einen Kaffee trinkt, könnte eine Nachricht vom Cancelgott bekommen, also indirekt natürlich, denn auch dieser Gott spricht nur durch Auserwählte – dass man nämlich ausgeladen sei, „umstritten“, arbeitslos. Gecancelt eben.

    Einen solchen Moment erlebten im Jahre 2017 der Biologe Bret Weinstein und seine Frau Heather Heying, beide damals Professoren an einem staatlichen College in Washington. An der Hochschule wurde von einer Studentengruppe ein sogenannter Abwesenheitstag veranstaltet. Alle Weißen sollten den Campus an einem Tag nicht betreten. Weinstein weigerte sich, mit rassischer Segregation auf das Thema Rassismus hinzuweisen. Wieso soll es ein Zeichen von Toleranz sein, wenn eine Gruppe der Mehrheit den Zutritt zum Campus verweigert? Es kam zu Querelen am Campus mit Studenten und zu einer Auseinandersetzung mit der Hochschulleitung, in dessen Zug Weinstein und Heying das College schließlich verließen. Gecancelt.

    Verfechter der Meinungsfreiheit werden Außenseiter
    Es ist ein seltsames, höchst beunruhigendes Spiel, das sich nicht erst seit gestern vor unseren Augen abspielt. Setzt jemand den Mechanismus des Cancelns und Ausgrenzens in Gang, kann das Mobbing bis zum Punkt der Auslöschung der bürgerlichen Existenz durch Stigmatisierung gehen. Ein Prozess, den Alexis de Tocqueville vor gut 200 Jahren als tyrannisches Element in der Demokratie identifizierte. Gecancelt wurde auf die eine oder andere Weise schon immer. De Tocqueville: „In den demokratischen Republiken geht die Tyrannei ganz anders zu Werk; sie kümmert sich nicht um den Körper, sondern geht unmittelbar auf den Geist los (…). Wir lassen dir das Leben, aber es ist schlimmer als der Tod.“ Warum gibt es das heute überhaupt noch?
    (Weiterlesen)

     

  • Prof. Dr. Markus Veit: Hauptsache Maske!?

    (...)
    Normen außer Kraft gesetzt
    Unabhängig vom Einsatzgebiet mussten bisher alle Masken individuelle Normen erfüllen. Diese Normen zielen einerseits darauf ab, die Funktionalität der Schutzmasken sicherzustellen und andererseits den Anwender vor der Einatmung von lungengängigen Stoffen und Stäuben, die aus den Masken kommen können, zu schützen und die Beeinträchtigung der Atmung auf ein Minimum zu reduzieren.

    Seit März ist es nun völlig egal, welche Masken wir (auch in der Apotheke) zum Infektionsschutz verwenden, ob wir die aus der Werkstatt holen, beim Fanclub einkaufen oder selbst nähen – Hauptsache Maske! Schon daraus lässt sich ableiten, dass der Schutz all dieser verschiedenen Masken vor Viren und ihre Wirksamkeit bei der Infektionsübertragung zweifelhaft ist. Da muss man nur den gesunden Menschenverstand einsetzen, es braucht kein Studium der wissenschaftlichen Literatur.

    Das große Schweigen
    Wieso wird seitens der Experten in diesem Lande zu denen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen gehören, dazu geschwiegen; und nicht nur das; es wird sogar proaktiv mitgemacht: Es soll sogar Apotheken geben, die eigene „Alltagsmasken“ anbieten.

    Viren in Tröpfchen und Aerosolen
    Ich gehe davon aus, dass Sie das alles wissen. Also stellen wir fest: Viren werden nicht einzeln, sondern in Tröpfchen und möglicherweise auch in Aerosolen, mit der Atemluft und beim Husten (auch beim Singen) ausgestoßen. Bei diesen Tröpfchen und Aerosolen muss nun Folgendes beachtet werden. Erstens ist es wichtig, die Partikelgröße zu betrachten, von der hängt nicht nur ihre Persistenz und Lebensdauer ab, sondern auch, wie tief sie in die Atemwege eindringen können. Zweitens ist die Viruslast von großer Bedeutung, wenn man das Risiko einer Infektionsübertragung bewertet. Nach den bisher vorliegenden Daten können wir davon ausgehen, dass für die Übertragung einer Infektion eine gewisse Viruslast notwendig ist. Diese Viruslast betrifft vermehrungsfähige Viren und kann nicht über das bloße Messen von Virus-RNA in Aerosolen bestimmt werden.

    Die Effektivitätsfrage
    (...)
    Eine Abscheidung von Aerosolen an der Maske bedeutet aber auch, dass diese dann im Gewebe der Maske enthalten sind. Wenn wir infizierte Personen betrachten (siehe dazu im nächsten Absatz) reichern sich also Viren an den Fasern der Masken an.

    Es werden nun zunehmend Studien publiziert, mit denen im vorstehenden Kontext gezeigt werden soll, welche Masken wie effizient im Sinne eines Infektionsschutzes sind. Viele der ­Daten aus solchen Studien sind aber kaum geeignet, genau diese Fragestellung zu untersuchen, auch wenn der Titel der Studien oder die Interpretation der erhaltenen Ergebnisse durch die bestenfalls halbgebildeten „Faktenchecker“ der Medien dies suggerieren.

    Checken Sie selbst!
    Machen Sie sich deshalb selbst ein Bild und prüfen Sie sorgfältig die Aussagekraft solcher Studien. Dazu reichen die folgenden drei Kriterien:

    - Sind die Daten und erhaltenen Ergebnisse allgemeingültig oder betreffen sie nur einen bestimmten Maskentyp, der in der Studie untersucht wurde? Ist die Studie repräsentativ? Das ist wichtig, weil die unterschiedlichsten Masken getragen werden, um die behördlichen Auflagen zu erfüllen. Ergebnisse, die mit einem bestimmten Maskentyp erhalten wurden, lassen sich in der Regel nicht auf einen anderen Maskentyp übertragen.
    - Sind die Daten repräsentativ für die Luftströme und Aerosolpopulationen, die beim Ein- und Ausatmen oder beim Husten evident sind? 
    - (...)

    Alltagsmasken mit Risiken
    Ein Risiko der Alltagsmasken, auf das anfangs auch das RKI immer wieder hingewiesen hat, ist, dass damit eine vermeintliche Sicherheit suggeriert wird. Ein anderes (wissenschaftlich bisher unbewiesenes, aber plausibles) Risiko ist, dass das Übertragungsrisiko steigt und nicht abnimmt! Warum ist das so? Wenn wir beispielsweise durch Wolle oder Baumwolle (die häufig bei den selbst gefertigten Masken verwendet und in unzähligen Foren empfohlen wird) ausatmen, kondensiert sich die Feuchtigkeit in der Atemluft an den Fasern. Das hängt mit der Mikrostruktur der Fasern zusammen. Dabei bildet sich auf diesen ein Wasserfilm (das kann jeder mal ausprobieren). In mehr oder weniger großem Ausmaß geschieht das auch bei textilen Geweben. 
    (...)

    Fazit
    Täglich werden wir von den Medien, selbst ernannten „Faktencheckern“ und Politikern mit Halbwahrheiten zu Masken belehrt. Durch die von Politik und Medien geschürte Verunsicherung sehe ich inzwischen sogar Menschen mit Masken allein im Auto oder auf dem Fahrrad, sogar beim Wandern und Spazierengehen … sic! Wir als Fachleute müssen dazu aus meiner Sicht angemessen Stellung nehmen. Wenn es sich eines Tages herausstellt, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis für „Alltagsmasken“ tatsächlich schlechter ist als angenommen, können zumindest wir nicht sagen, wir hätten es nicht wissen können!

    Nota bene: Im Umgang mit Risiko­patienten bzw. -gruppen brauchen wir immer Masken. Dann aber zertifizierte und geprüfte und keine Alltagsmasken!

    Postskriptum: Unmittelbar vor Druck dieses Meinungsbeitrages ist die Stellungnahme der Ad-hoc-Kommission SARS-CoV-2 der Gesellschaft für Virologie (GfV) zu SARS-CoV-2-Präventionsmaßnahmen bei Schulbeginn nach den Sommerferien erschienen (s. a. S. 24), die ich mit Befremden zur Kenntnis nehme. Zum Nutzen von Masken wird nur eine einzige Metaanalyse zitiert (Chu et al. The Lancet June 27, 2020, 395, 1973 – 1987), die ein Paradebeispiel dafür ist, wie Studien mit experimentellen Schwächen, wie ich sie auch in meinem Meinungsbeitrag angesprochen habe, als Grundlage politischer Entscheidungen verwendet werden. In dieser Metaanalyse wurde nur das Outcome der Studien (unkritisch) analysiert, nicht deren ­Design. Eine jüngst erschienene Metaanalyse (Xiao J et.al Emerging Infectious Disesases 2020; 26/5: 967 doi.org/10.3201/eid2605.190994), die tatsächlich die Wirksamkeit von „Alltagsmasken“ bei viralen Infektionen bewertet und zu einem ganz anderen Ergebnis kommt, wird nicht zitiert. Schließlich wird von der Ad-hoc-Kommission ausschließlich der putative Nutzen solcher Masken adressiert nicht deren Risiken. Mussten wir nicht (bis vor Kurzem) für alle Arzneimittel und Medizinprodukte eine Nutzen-Risiko-Bewertung vornehmen? Solange insbesondere die Risiken von Masken bei Kindern im dauernden Gebrauch und durch Auf- und Absetzen nicht eindeutig untersucht sind und dann eine Nutzen-Risiko-Bewertung positiv ausfällt, erachte ich den Einsatz von Masken bei Kindern als unethisch und möglicherweise gefährlich.

     

  • Jens Berger: Angst machen mir die Ja-Sager und Mitläufer

    Ich kann die ganzen Meldungen zu Corona langsam nicht mehr hören. Von Tag zu Tag nimmt die Debatte groteskere Züge an und von Tag zu Tag werden die Gräben zwischen den Lagern tiefer. In Leitartikeln und Kommentaren in den sozialen Netzwerken wird bereits den „strengen Regeln des Lockdowns“ nachgetrauert. Viele Mitmenschen haben Angst. Angst vor dem Virus und neuerdings auch Angst vor den Menschen, die sich der hysterischen Stimmung nicht unterwerfen und versuchen, so viel „Normalität“ wie möglich zu bewahren. Menschen, die „trotz Corona“ mit Freunden ein Bier trinken oder an heißen Tagen in Badeseen ohne Maske und ohne Mindestabstand Abkühlung suchen. Wer gar gegen die Maßnahmen auf die Straße geht, gilt als „Covidiot“, als Wirrkopf und Gefährder des gesellschaftlichen Konsenses. Es ist kein Zeichen einer lebendigen Demokratie, wenn man am liebsten jeden Widerspruch gegen ein „gesundes Volksempfinden“ mit strengeren Maßnahmen, Ausgrenzung und Sanktionierung ausmerzen will. Das ist es, was mir Angst macht, und nicht die Bürger, die aus welchen Gründen auch immer, auf die Straße gehen, oder skurrile Personen, die von den Medien als deren „Vordenker“ hochgeschrieben werden.
    (...)

    Die Geister, die wir riefen
    (...)
    Corona vereint die Bürger nun zu einer solchen staatstragenden „Solidar- und Schicksalsgemeinschaft“. Politik und Medien schreiten gleichförmig voran und die Bürger reihen sich freudig in die neue Gemeinschaft ein. Politologen nennen dies den „Rally-’round-the-Flag-Effekt“ – das letzte eindrucksvolle Beispiel dafür waren übrigens die Terroranschläge vom 11. September 2001. Die Muster sind eindrucksvoll: Es gibt eine große Gefahr (das Virus) und Gefährder (Demonstranten und Kritiker der Maßnahmen), ein gemeinsames äußerliches Erkennungszeichen (die Maske), gemeinsame Riten (Mindestabstand) und Vordenker, die den Weg weisen (die TV-Virologen), und über allem steht die Angst. Angst ist zwar ein schlechter Ratgeber, aber dafür das wohl bestdenkbare Motiv, sich einer derart allgegenwärtigen und gesellschaftlich akzeptierten Gruppenideologie zu unterwerfen. Die Gruppe nimmt mir die Angst und sorgt durch die für alle geltenden „Maßnahmen“ nicht nur für meinen Schutz, sondern auch für den Schutz der Gesellschaft als Ganzes. Ich bin nicht mehr als Individuum meines eigenen Glückes Schmied und auf mich selbst gestellt, sondern Teil einer großen Volksgemeinschaft, die sich um mich kümmert.

    Das ist sicher für viele Bürger ein schönes Gefühl – nur dass hier Wahrnehmung und Realität deutlich auseinanderklaffen, stellen Politik und Medien schließlich nicht einmal im Ansatz die ideologische Basis unseres neoliberalen Systems infrage, das diesen Wunsch nach Gemeinschaft erst geschaffen hat. Dies ist staatstragend und systemstabilisierend. Wenn sich das Volk in Krisenzeiten hinter der politischen Führung schart und die Medien sich als Hüter der Wahrheit gegen die bösen Kritiker aus dem Netz aufspielen können, ist dies für beide ein Hauptgewinn. Was zählt da schon das Wohl der Kinder, das Schicksal Alleinerziehender oder gar der Künstler und Gastronomen? Und die kritischen Geister, die Dinge hinterfragen, haben in dieser Gesellschaft ohnehin schon lange keinen Bestandsschutz mehr. Dieser Hauptgewinn ist freilich nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde vor allem mit der Feder erkämpft.

    Wirrköpfe als Medienprodukt
    So kam es beispielsweise, dass von den Medien derart skurrile Personen wie der Koch Atilla Hildmann als Gefährder der öffentlichen Ordnung und „Vordenker“ des kritischen Teils der Öffentlichkeit hochgeschrieben wurden. Na klar, wer innerlich die Kritik an den Maßnahmen mit der Person Hildmann verbindet, wird zum Kritiker der Kritik. Teilnehmer von Demos werden wahlweise als Wirrköpfe oder Nazis tituliert – wer will sich durch seine tief im Inneren vielleicht ja vorhandene Kritik schon mit Wirrköpfen und Nazis gemein machen? Dann bleibt man doch lieber Teil der Gemeinschaft und hinterfragt lieber nichts.

    Das macht mir Angst. Ich habe aber keine Angst vor den paar Wirrköpfen, die es ganz sicher auch auf derartigen Demos geben mag. Ich weiß auch nicht, welche Gefährdung beispielsweise ein Atilla Hildmann darstellen soll. Hat er die Hartz-Gesetze verabschiedet? Hat er Julian Assange eingesperrt? Beteiligt er sich an militärischen Drohkulissen? Setzt er um, was die Automobilhersteller und Banken ihm „empfehlen“? Nein? Und was hat er dann verbrochen, um derart prominent als „Gefahr“ dargestellt zu werden? Er erzählt viel Unsinn. Nun gut. So was soll es geben. Ich fühle mich von ihm schlimmstenfalls schlecht unterhalten … gefährdet fühle mich noch nicht einmal im Ansatz.

    Demokratie braucht Widerspruch
    Dafür fühle ich mich im höchsten Maße durch Mitbürger gefährdet, die sich bei Angst vor einer Bedrohung hinter der Politik zusammenrotten und Maßnahmen und Sanktionen gegen alles und jeden fordern, der als Gefahr für ihre Volkgemeinschaft wahrgenommen wird. Ich fühle mich auch durch eine Gesellschaft bedroht, die keinen Widerspruch zulässt. Eine Gesellschaft, die Profisportler feuert, nur weil sie auf einer Demo gegen die Maßnahmen waren, und Polizisten suspendiert, die auf einer solchen Demo ihr verfassungsmäßiges Recht zur freien Meinungsäußerung wahrgenommen haben.

    Dafür muss ich übrigens nicht mit den Inhalten dieser Demos immer d´accord gehen. Inhaltlich gäbe es auch dort einiges zu kritisieren, aber anders als die von der Politik beschlossenen Maßnahmen stellen die Redebeiträge auf einer Demo für mich keine Bedrohung dar. Demokratie lebt vom Diskurs und von der Debatte. Wenn wir beide unterdrücken, bewegen wir uns in sehr gefährliches Fahrwasser und zeigen, dass wir nichts aus unserer Geschichte gelernt haben. Davor habe ich Angst.

    Diesem Beitrag von Jens Berger folgte eine Sammlung von Leserbriefen; häufigster Satz: „Sie sprechen mir aus der Seele“. Drei von den 32 Briefen enthalten Kritik.

     

  • Ulrich Schödlbauer: Zweite Welle
    Es fällt nicht schwer, der Republik einen unruhigen Herbst vorauszusagen.
    (...)
    Niemand kann wissen, ob die Berliner Demonstranten die Mehrheitsgesellschaft abbilden. Das zuzugeben fällt schwer, besonders wenn einer das Anliegen teilt, das ihm hinter der ›Querdenken‹-Bewegung zu stehen scheint. Mehrheiten müssen politisch errungen werden. Festgehalten zu werden verdient jedoch die Wahrnehmung, dass die überwältigende Mehrheit der Demonstranten nach Alter, Geschlecht, bekundeter Meinung und – aggressionsfreiem – Verhalten zum Spektrum der ›ganz normalen Leute‹ gerechnet werden durfte: einer Spezies also, von der man demnach ohne großes Risiko behaupten darf, sie sei müde der Diskrepanz zwischen politisch-medialer Panikmache und den allmählich in die Köpfe einsickernden Informationen über das Virus samt Test- und Auswertungspraxen, entsprechend missvergnügt über die offensichtliche Irrationalität der getroffenen Maßnahmen und die damit einhergehenden Einbußen an Lebensqualität und ökonomischer Prosperität. Es sind dies Leute, die von Angstschürern für dumm verkauft werden und nicht länger für dumm verkauft werden wollen. Wer das neue Buch des Mikrobiologen Bhakdi in den Händen dieser Leute gesehen hat, der ahnt, dass hier eine neue Volksbibel umläuft, deren Leser darauf bestehen werden, in einer naturwissenschaftlich informierten und faktenbasiert entscheidenden Republik zu leben und nicht in einem angstflatternden Hühnerstall, in dem Vokabeln wie ›Covidioten‹ und ›Coronaleugner‹ den Ton vorgeben und, allen Aufklärungsseiten im Netz zum Trotz, aufgewirbelter Schmutz an die Stelle von Argumenten getreten ist.

    Wer immer diese Menge auf die Beine gebracht hat, trägt eine große Verantwortung: nicht nur gegenüber Polizei und Justiz, nicht nur für sich, nicht nur für die ›Botschaft‹, sondern für das Land selbst.

    Denn es ist sicher: Wer so oder so ähnlich über die Regierenden denkt wie vermutlich die Masse der Demonstranten, der wird sich, einmal der eigenen Stärke bewusst, kaum mit dem vordergründig kommunizierten Ziel zufriedengeben, die aktuellen Corona-Maßnahmen vom Tisch zu nehmen. Vermutlich hat er nicht einmal etwas gegen Maßnahmen an sich – nur adäquat und verhältnismäßig sollen sie sein. Zu Seltsames ist seit Ausbruch der Pandemie geschehen, zu viele Ungereimtheiten haben das Licht der Öffentlichkeit erblickt und werden in den alternativ genannten Medien bis an die Grenze des Erträglichen durchgehechelt, zu vieles an unausgeräumten, durch prominente Äußerungen genährten Verdächten steht mittlerweile im Raum, um von Parteischützen und Medien fortdiffamiert zu werden. Die nach Berlin gereiste Durchschnitts-Demonstrantin, falls es dergleichen geben sollte, hat offenbar eine gewisse Vorstellung davon, wie in diesem Land regiert wird, und sie findet: nicht gut.

    Da schießen dann viele Anliegen zusammen. Bald könnte sich zeigen: Das Thema ›SARS-CoV-2‹ hat das Zeug dazu, die verheerende Links-Rechts-Polarisierung von Politik und Gesellschaft im Dienst einer nicht mehr so großen Koalition und einer nicht mehr so erfolgreichen Kanzlerin zu überspringen und, auf mittlere Sicht, zu depotenzieren. Die in der Regierungsverantwortung stehenden Parteien dürften also, dessen kann man sicher sein, Gefahr wittern und fürs erste mit dem üblichen Mix aus entdifferenzierender Propaganda und administrativer Hartleibigkeit reagieren. Aber schon die Grünen werden sich überlegen müssen, ob sie als brave Hygiene-Partei einen Teil ihrer Klientel drangeben wollen, ohne dafür angemessen entschädigt zu werden. Ob die Liberalen noch einmal festen Boden unter die Füße bekommen, weiß zur Stunde kein Mensch. Bloß fliegen … es ist kein Verlass aufs Fliegen, in ökologischer und politischer Hinsicht nicht und schon gar nicht im Hinblick auf die Ergebnisse der nachbereitenden Studien, an denen, dessen sei man sich sicher, kein Mangel herrschen wird. Eigentlich wäre es nicht schlecht, sich vor dem nächsten Talk zur Abwechslung auch einmal in der Sache kundig zu machen. Überhaupt wäre es nicht das Schlechteste, wenn in den Parteien gegenwärtig die Köpfe rauchten.

    Es fällt nicht schwer, der Republik einen unruhigen Herbst vorauszusagen.

     

  • Paul Schreyer: Covid 9/11

     Es mag seltsam anmuten, eine Verbindung zwischen dem Terroranschlag und der Pandemie zu ziehen, doch ein Vergleich mit den Ereignissen vor gut 20 Jahren ist erhellend. Sowohl 9/11 wie auch Covid-19 sind Auslöser für eine große gesellschaftliche Umgestaltung gewesen, welche in beiden Fällen auf Angst basiert, einer Kriegslogik folgt und die Aufmerksamkeit der Masse dauerhaft in eine Richtung lenkt. Die Gemeinsamkeiten sind zahlreich:

    - Sicherheit wird zum Leitgedanken, der alles andere verdrängt
    - das Gefühl der Bedrohung wird durch ständige Wiederholung in den Medien wach gehalten
    - die Exekutive kann ihre Befugnisse ohne größeren Widerstand ausweiten
    - eine internationale, dezentrale „Wahrheitsbewegung“ entsteht, deren Äußerungen pauschal zu „Verschwörungstheorien“ erklärt werden

    Diese Gemeinsamkeiten sind objektiv feststellbar, unabhängig davon, welche Hintergründe man bei 9/11 oder der Corona-Krise vermutet und ob man der Regierung vertraut oder nicht. Wie auch immer man dazu steht, Fakt bleibt: Angst macht Menschen lenkbar und ist damit stets auch ein politisch nutzbares Werkzeug.

    „Als Machttechnik ist die Erzeugung von Angst sehr viel wirksamer als eine Manipulation von Meinungen. Meinungen sind zumeist flüchtig und haben in unserem psychischen Apparat (…) eine geringere Bedeutung. Angst ist eines der stärksten Gefühle. (…) Zu den Psychotechniken der Angsterzeugung gehört vor allem die propagandistische Erzeugung einer massiven vorgeblichen Bedrohung, die entschlossen zu bekämpfen vordringliche Aufgabe der Bevölkerung sei.“ (1)

    So schreibt es der Psychologieprofessor und Kognitionswissenschaftler Rainer Mausfeld in seinem 2019, wenige Monate vor der aktuellen Krise, veröffentlichten Buch „Angst und Macht“. Mausfeld weiter:

    „Dem Zweck einer Verdeckung eigener Ziele und Absichten dient eine Angsterzeugung durch propagandistische Deklaration einer großen Gefahr X, der die Bevölkerung durch einen 'Kampf gegen X' entschlossen entgegentreten müsse. (…) X kann dabei so ziemlich alles sein, was sich irgendwie wirksam zur Angsterzeugung nutzen lässt. (…) Bei einem von oben verordneten 'Kampf gegen X' geht es nie um das, was als zu bekämpfen deklariert wird. (…) In einem Kampf gegen X geht es gar nicht um X; vielmehr wird die Verwerflichkeit und Destruktivität eigenen politischen Handelns auf den vermeintlichen oder tatsächlichen Feind projiziert, um politisch nutzbare Angst in der Bevölkerung zu erzeugen. All das, was hier als Kampf gegen eine Bedrohung verkauft wird, darf gar nicht erfolgreich sein, weil sein Erfolg für die ökonomischen und politischen Zentren der Macht gerade darin liegt, nicht erfolgreich zu sein und als Mittel der Angsterzeugung und Herrschaftssicherung erhalten zu bleiben.“ (2)

    Diese Analyse, die man auf 9/11 und den „Krieg gegen den Terror“ ebenso anwenden könnte wie auf die Corona-Krise, unterstellt eine manipulative Regierung oder Machtelite, die die Angst vor einer Gefahr zur Ausweitung der eigenen Macht ausnutzt. Folgt man dem Gedankengang, dann ist es aus Sicht einer solchen Machtelite angeraten, die Angst vor der Gefahr stetig anzuheizen, um das neu etablierte politische Werkzeug nicht wieder zu verlieren.

    (...)
    „Die Regeln dürfen überhaupt nie hinterfragt werden“
    Diese Hinweise sollen als Warnung verstanden werden, denn der (zukünftige) Einsatz einer Biowaffe in der Coronakrise ist zwar spekulativ aber nicht undenkbar. Doch schon ohne eine solche Spekulation ist die Situation ernst genug und eine Manipulation der Öffentlichkeit durch Regierungsvertreter ersichtlich. Jüngstes Beispiel ist die Pressekonferenz des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 28. Juli, bei der Präsident Lothar Wieler ohne jeden Beleg behauptete, der zuletzt zu beobachtende Anstieg der Fallzahlen in Deutschland hänge „nur damit zusammen, dass wir [die Bevölkerung; P.S.] nachlässig geworden sind“ – und nicht etwa mit der offiziell dokumentierten (PDF, S. 12) Erhöhung der Testmenge in der letzten Zeit. Ganz zu schweigen von der Falsch-Positiven-Rate, deren massiv verfälschenden Einfluss auf die Fallzahlen mittlerweile selbst Jens Spahn vor laufender Kamera eingeräumt hat.

    Klar scheint: Die Angst soll bleiben und darf nicht weichen. Kritisches Denken ist passé. Wieler erklärte zu den sogenannten AHA-Regeln, zu denen auch die Maskenpflicht gehört, wörtlich: „Die dürfen überhaupt nie hinterfragt werden.“

    Dass der Behördenchef mit seinen Empfehlungen und Mahnungen einer politischen Agenda folgt, räumte er bei dieser Gelegenheit überraschenderweise selbst ein. Im Zusammenhang mit der vom RKI mitverantworteten Cosmo-Studie („Ziel dieses Projektes ist es, wiederholt einen Einblick zu erhalten, wie die Bevölkerung die Corona-Pandemie wahrnimmt, wie sich die 'psychologische Lage' abzeichnet“) erklärte Wieler:

    „Diese Studie gibt das Stimmungsbild in der Bevölkerung wieder. Das ist ein sehr wichtiger Parameter für uns, um immer die entsprechenden Messages anzupassen. Die neuesten Ergebnisse zeigen, dass das Coronavirus von der Bevölkerung als ein geringeres Risiko angesehen wird, als zuvor und dass auch die Akzeptanz von Maßnahmen (...) weiter gesunken ist.“

    „Die entsprechenden Messages“, also Botschaften „anzupassen“ – darum geht es der Regierung in der Krise. Die Manipulation wird offen erklärt und ist, so scheint es, zu einer offiziellen Doktrin geworden. Die der amtlichen Gefahreneinschätzung zugrundeliegenden konkreten Kennziffern hingegen bleiben ein Geheimnis. Welche Werte müssen erreicht sein, damit die offiziell definierte Gefährlichkeit der Pandemie von „hoch“ auf „mäßig“ oder „niedrig“ abgesenkt wird? Hier wird das RKI auf Nachfrage wolkig, bleibt im Ungefähren und antwortet ausweichend. Eine entsprechende Anfrage von Multipolar bei der Behörde erbrachte bislang keine konkreten Antworten. Stattdessen wird die Öffentlichkeit, wie erwähnt, mit den ihrer „psychologischen Lage“ entsprechenden „angepassten Messages“ abgespeist.

    Je mehr Menschen sich eine solche Lenkung gefallen lassen, desto gefährlicher wird die Situation, da solche Passivität die Verantwortungsträger unvermeidlich dazu ermuntert, immer noch einen Schritt weiterzugehen.
    (Anmerkungen hier)

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