Lesefrüchte
November 2023
Hier sammeln wir Artikel, die auch über den Tag hinaus interessant sind und zitieren Auszüge. Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, verschieben wir ältere Empfehlungen ins „Archiv“.
Lesefrüchte im vergangenen Monat
Klaus Hartmann: Was ist „Rechts“, was ist „Links“?
Norbert Häring: Die tieferen Gründe für die Corona-Exzesse und für die Weigerung,
Oliver Ginsberg: Betreff: Schluss mit der Anmaßung für Juden zu sprechen
Scott Ritter: Der Hamas-Angriff auf Israel am 7.Oktober
Tarik Cyril Amar: Kinder als Waffe: Die Entmenschlichung der Palästinenser
Paul Schreyer: „Diesen Stein will keiner ins Rollen bringen“
Christel Buchinger: Isoliert, zerstritten, elitär: Die Linken verweigern
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Tom J. Wellbrock: Distanzieren und positionieren: Innerer Frieden
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Klaus Hartmann: Was ist „Rechts“, was ist „Links“?
In den letzten Jahren ist es zunehmend üblich geworden, Menschen und Proteste als „rechts“ zu etikettieren, wenn sie sich gegen den „Mainstream“ oder den Kurs der Regierung wenden. Wer zur Zuwanderung, den „Corona-Maßnahmen“, zum „Klima“ oder dem Heizungsgesetz, zu den Kriegen in der Ukraine oder in Palästina eine eigene Meinung vertritt, die nicht den Vorgaben der Herrschenden huldigt, sieht sich schnell ausgegrenzt, geächtet, in seiner beruflichen und sozialen Existenz bedroht, gar strafrechtlicher Verfolgung wegen „Meinungsdelikten“ ausgesetzt.
Regelmäßig und immer wieder wird das Publikum mit der Frage traktiert, was denn eigentlich rechts und was links sei.
Wir überspringen hier einen großen Teil des Artikels, den wir unbedingt zur Lektüre empfehlen, der aber für unser Format zu lang ist. Wir beschränken uns auf die praktische Anwendung von Hartmanns Überlegungen.
Was folgt praktisch?
Wenn man im Bundestag Stimmen gegen den Krieg gegen Russland und gegen die Wirtschaftssanktionen und gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine hört, dann sind das in der Regel Reden von AfD-Vertretern, Ausnahmen bilden einzelne Abgeordnete der Partei Die Linke, wenn z.B. Sevim Dagdelen oder Andrej Hunko das Wort erhalten. Das muss man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Wenn eine AfD-Rede den Titel trägt „Das Volk will keinen Krieg“[19] – was soll man dagegen einwenden? Gegenwärtig leben wir unter einer massiven Bedrohung des Friedens, mit einer akuten Kriegsgefahr, keiner der unverantwortlichen Politiker des „kollektiven Westen“, keine Bundesregierung kann garantieren, dass Russland nicht irgendwann die „Rote Linie“ endgültig überschritten sieht.
Von daher sind alle Stimmen, von welchem Politiker auch immer, die vor der Kriegsgefahr warnen, die eine Wiederinbetriebnahme der Nordstream-Pipelines fordern, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen, und die irgendwie Gehör, einen Weg in die Öffentlichkeit, in die Medien finden, grundsätzlich hilfreich und positiv. Und wenn das ein AfDler macht, dann ist es egal aus welchen Motiven, wenn die Bevölkerungsmehrheit, die in Frieden leben will, und die diesen abenteuerlichen Harakiri-Kurs gegen Russland nicht mitträgt, aus solchen Reden eine Bekräftigung und Stärkung ihrer Überzeugung erfährt, dann kann das nur positiv sein.
Wenn daraus folgt, dass Menschen für solche Inhalte auf die Straße gehen, eine Einheit in der Aktion für Frieden und gegen Waffen zustande kommt, dann sollten wir uns ohne Ansehen der Person oder Kontrolle des Parteibuches daran beteiligen. Antikriegsaktionen mit demokratischen Rechten oder „Wertkonservativen“, wie sie genannt werden, falls sie dazu bereit sind – das sollte selbstverständlich sein, und wir sollten uns davon auch nicht von den „Kontaktschuld“-Predigern abhalten lassen. Dabei vergessen und verdrängen wir keinesfalls die Widersprüchlichkeiten, den „Kampf der Gegensätze“ in den Positionen von Mitwirkenden. Aber wir müssen die Prioritäten auf die Herstellung von Handlungsfähigkeit legen.
Betrachtet man das alte Parteienspektrum, ist die AfD natürlich eine rechte Partei. Aber rechts von der AfD sitzt die SPD, mit dem Zeitenwende-Kanzler, der unentwegt Waffen für den Stellvertreterkrieg gegen Russland an die Ukraine liefert, dessen Kriegsminister Pistorius „Deutschland wieder kriegstüchtig“ machen will.[20] Und rechts von der SPD sitzt die CDU/CSU, deren Fraktionsvorsitzender Merz im Verein mit seinen militaristischen Sekundanten Hardt und Wadephul einen noch schärferen Kriegskurs will, u. a. durch Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.[21] Und noch weiter rechts sitzt die FDP, deren Rüstungslobbyistin Strack-Zimmermann immer mehr Waffen für Kiew fordert[22], und womöglich Selenskij schon bald adoptieren könnte. Ganz am rechten Rand sitzen noch die Grünen, die Rechtsextremisten, die Russland ruinieren und besiegt sehen wollen, deren Baerbock „einen Krieg gegen Russland führt“ und deren Hofreiter völlig entfesselt immer mehr Sanktionen gegen Russland fordert und den „zögerlichen Kanzler“ mit Dauerkritik beschallt.[23]
Gehen wir zurück in diesem Parteienspektrum, sehen wir links von der AfD, in der Mitte und etwas links der Mitte die Partei Die Linke. Und links von ihr die sich neuformierende Gruppe um Sahra Wagenknecht. Damit ist die linke Seite bereits abschließend aufgezählt, im Ergebnis ein völliges Ungleichgewicht, eine gähnende Leere. Das ist ein Versagen der Linken insgesamt, die sich zu großen Teilen auf Lifestyle- und Haltungsthemen sowie sprachpolizeiliche Ersatzübungen eingelassen hat, und darüber ihr Kerngeschäft, die Interessenvertretung der Nichtprivilegierten, vergessen hat. Nachdem ihr mit den Begriffen auch die Inhalte abhandengekommen sind, müssen die Inhalte, was links ist, sein soll oder sein müsste, dringend zurückgewonnen und neu gefüllt werden.
Es kann nicht schaden, sich dabei an Marx als Kompass zu erinnern. Gegen Krieg ist links – und deshalb sind die Grünen rechts. Wer für die Rettung der Bankprofite eintritt, ist rechts, wer für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, in der Altenpflege kämpft, ist links. Wer Abrüstung, den Abzug der ausländischen Truppen aus Deutschland und den Austritt aus der NATO fordert, ist links, wer Kriegskredite bewilligen lässt, wie Herr Scholz und seine Entourage, ist rechts. Wer den Notstand der Demokratie verordnet und wer dazu strammsteht, ist rechts, wer dagegen opponiert und die demokratischen Rechte verteidigt, ist links. Solche einfach zu begreifenden Inhalte führen nicht zu einer abgehobenen Theoriedebatte, das ist kein Laborprogramm, sondern ein praktisches Aktionsprogramm.
Ergänzen sollte man noch: Wer Russenhass predigt und antislawischen Rassismus, der ist rechts. Wer für Völkerverständigung, wer für Freundschaft mit Russland und China eintritt, der ist links. Und wer dann fragt, ist Putin eigentlich rechts? – dem sage ich: Der Putin ist natürlich ein absoluter Linker: Er steht auf der Seite des Antifaschismus. Er ist ein Antiimperialist. Er ist ein Verteidiger der UN-Charta. Er tritt für eine multipolare Weltordnung gleichberechtigter, souveräner Staaten ein. Und er hat das Wirtschaftssystem in Russland dahingehend verändert, dass dort jetzt Staatskapitalismus besteht, also nicht die Kapitalisten bestimmen, was der Staat zu tun hat, sondern umgekehrt, der Staat bestimmt, was die Oligarchen als Staatsbeamte zu tun haben. Die uns geläufigen linken Forderungen, alle Verstaatlichungsforderungen für die Bodenschätze, die Grundstoffindustrie, die Energieversorgung, die Verkehrswege – alles umgesetzt, alles ist wieder in staatlicher Hand. Das sind alles Gründe, warum Putin dem Imperialismus als Feind gilt. Deshalb ist der russische Präsident für die imperialistische Propaganda ein „Rechter“, aber mit dieser „Titelvergabe“ haben wir selbst hierzulande zur Genüge Bekanntschaft machen können. (Hervorhebung von uns)
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Norbert Häring: Die tieferen Gründe für die Corona-Exzesse und für die Weigerung, daraus zu lernen – Um sie sollte es bei der Aufarbeitung gehen
(...)
Es ist also zu erklären, warum die Masse der Bevölkerung so lange den wechselnden Aussagen der als maßgeblich präsentierten Wissenschaftler und der Regierung fast blind vertrauten.
Alleinsein macht verletzlich und abhängig
Vordergründig liegt der Grund darin, dass die Geschichten, die uns erzählt und mit eindringlichen Bildern unterfüttert wurden, starke Gefühle erzeugten, insbesondere die Angst vor existenzieller Bedrohung. Aber warum ließen sich so viele Menschen so leicht in so große Angst versetzen, und woher kam die hohe Bereitschaft, andere Menschen als Bedrohung, gar als Feinde zu sehen und zu behandeln?
Dahinter dürfte die in unserem Kulturkreis und in unserem kapitalistischen Gesellschaftssystem vorherrschende und beförderte Sicht auf den Menschen als fundamental getrennt von seinen Mitmenschen und von der Natur stehen. Mit ersteren steht er in Konkurrenz und fühlt sich nicht selten von ihnen gefährdet und bedroht, weil sie ihm als egoistisch und potentiell gewalttätig präsentiert werden. Die Natur, die wir uns untertan machen, um sie zu kontrollieren und auszubeuten, ist ebenfalls feindselig und gefährlich, sobald wir die Kontrolle über sie verlieren. Wir sind allein und verletzlich.
Gerade deshalb herrscht ein tiefer Glaube an die Technik und Wissenschaft vor, die uns schützen und dabei helfen, die Natur unseren Zielen zu unterwerfen, die uns dadurch Fortschritt ermöglichen, in Form eines vermeintlich von Generation zu Generation immer angenehmeren und sichereren Lebens. Die biblische Aufforderung „Macht Euch die Erde untertan“ bedeutet nichts anders, als dass der Mensch außerhalb der Natur steht. Das steht ebenso wie die Trennung in Gut und Böse in Kontrast zu asiatischen Ideen wie Yin und Yang, der gegenseitigen Bedingtheit und Zusammengehörigkeit der Gegensätze und der Verbundenheit von allem mit allem.
Auch die vom Staat gesetzten und durchgesetzten Regeln des Zusammenlebens sind für jemand mit diesem Gefühlsleben elementar wichtig, um einigermaßen sicher und friedlich mit den latent feindseligen Mitmenschen zusammenleben zu können. Deshalb hat die große Mehrheit mitgemacht bei der Durchsetzung von Regeln, die die Mitmenschen als Bedrohung behandelt haben, die man fernhalten muss, und von denen man sich fernhalten muss. Sich auf deren Selbstwahrnehmung als gesund und deren guten Willen zu verlassen, kam nicht in Frage.
Gute Menschen, böse Menschen
Wir dagegen, das gehört zu unserem Selbstbild und ist uns sehr wichtig, gehören zu den Guten. Sechzehn Jahrhunderte Christentum als Staatsreligion haben in unserem Kulturkreis die Unterscheidung in gute Menschen und böse Menschen tief verankert. Entsprechend beurteilt wird nicht die Tat, sondern der Mensch. Auch das steht in Kontrast zu asiatischen Philosophien, nach denen immer beides zusammengehört und sich gegenseitig bedingt.
Es gibt fast keinen Hollywood-Film, in dem es nicht um den Kampf von Gut gegen Böse geht. Die Guten kämpfen gegen die Bösen. Wenn sie am Ende gewinnen und die Bösen vernichten, ist damit auch das Böse vernichtet und die Welt ist besser geworden, oder wenigstens ihr Abgleiten ins Chaos nochmal verhindert. Die Krimis, mit denen unsere Fernsehabende geflutet werden, haben das gleiche Gut-gegen-Böse-Motiv und pflegen das Gefühl der Bedrohung durch unsere Mitmenschen. Bei vielen Märchen ist es nicht anders.
Die Unterteilung in Gute und Böse wird durch das moderne atomistische Menschenbild befördert, das von gegebenen Charakteren und Präferenzen ausgeht, anstatt diese als durch Erziehung und Gesellschaft geformt und formbar zu betrachten, anstatt Menschen als ein Geflecht von Beziehungen zu anderen Menschen und ihrer Umwelt zu verstehen.
Das vorherrschende Welt- und Gesellschaftsbild ist mechanistisch im Sinne der physikalischen Gesetze, wie sie bis vor etwa 100 Jahren galten, bis zur Revolution durch die Quantenphysik, die allerlei Unschärfen und Unbestimmtheiten offenbarte. In diesem seit der Aufklärung vorherrschenden Weltbild gilt immer noch, dass die Welt im Prinzip berechenbar und damit auch kontrollierbar ist. Man kann sich die Natur und die Gesellschaft wie Maschinen vorstellen, deren Einzelteile nach dem Prinzip von Kraft und Gegenkraft zusammenwirken. Nicht vorgesehen ist in diesem Weltbild, dass Organismen, Ökosysteme und Gesellschaften mehr sind als die Kombination ihrer Einzelteile, dass sie eine Selbstorganisationsfähigkeit haben, die wir nur selbständig denkenden und planenden Lebensformen zubilligen.
Deshalb verfielen so viele dem von oben propagierten Glauben, dass wir ohne drastische Maßnahmen und gentechnische Behandlung dem sicheren Verderben anheimfallen würden und behandelten diejenigen, die für das über Jahrtausende entwickelte Vertrauen warben, dass unser Organismus und die Gesamtheit der menschlichen Organismen bald lernen würden, mit dem neuen Virus umzugehen, als Quacksalber und gemeingefährliche Verbreiter von Fake News.
Nur weil Wissenschaft und Technik so produktiv sind und weil der Staat in der Gesellschaft für Ordnung sorgt, ist unsere Welt im Großen und Ganzen gut, so wie sie ist, auf jeden Fall viel besser, als sie früher war, als Wissenschaft und Technik noch nicht so weit und die Regierungskunst noch nicht so demokratisch und aufgeklärt war.
Oliver Ginsberg: Betreff: Schluss mit der Anmaßung für Juden zu sprechen
Datum: Thu, 2 Nov 2023 13:41:25 +0100
An: offenerbrief.literaturbetrieb@gmail.com
An die Unterzeichnenden des Offenen Briefes,
als Nachkomme einer jüdischen Familie, die unter dem Faschismus bis auf eine Person ausgelöscht wurde, melde ich hiermit meinen schärfsten Protest an gegenüber ihrer Anmaßung für Jüdinnen und Juden in diesem Land sprechen zu wollen. Noch leben Menschen in diesem Land, die selbst oder deren Eltern und Großeltern Opfer der Shoah wurden. Diese haben eine eigene Stimme und benötigen ihre bevormundende, geschichtsvergessene und eurozentristische Fürsprache nicht.
Im Übrigen hat auch der Staat Israel nicht das Recht für uns zu sprechen. Dieser Staat ist selbst das Ergebnis einer Kolonialisierungsideologie, die in ihrem völkisch-chauvinistischen Gepräge den rassistischen Kolonialisierungs- und Missionierungsbemühungen früherer Jahrhunderte in nichts nachsteht. Wenn ihnen angesichts der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche die israelischen Streitkräfte schon zum wiederholten Mal an der palästinensischen Zivilbevölkerung verübt haben, angesichts des seit Jahrzehnten andauernden, illegalen und gewaltsamen Siedlerkolonialismus, angesichts der tausendfachen Schikanen, Verhaftungen und Folterungen in israelischen Gefängnissen nichts anderes einfällt als eine apologetische Bestätigung israelischer Selbstverteidigungsdoktrin, die nichts anderes ist als eine Legitimierung von Massenmord, dann wäre es besser ganz zu schweigen. Hören Sie auf in moralischer Überheblichkeit zu schwelgen. Sie haben nichts, rein gar nichts aus der Geschichte der Shoah gelernt.
Wer Israel jetzt noch unterstützt, setzt sich nicht für Jüdinnen und Juden und deren Nachkommen ein, sondern für ein militaristisch-koloniales Staatsprojekt, welches kein Existenzrecht für sich beanspruchen kann. Es sind MENSCHEN, die ein Existenzrecht und Recht auf ein Leben in Würde und Freiheit haben. Staaten, welche dieses Recht systematisch und mit derartiger Grausamkeit mit Füßen treten, haben jedes Existenzrecht verwirkt, auch wenn sie sich ein fassadendemokratisches Mäntelchen umhängen.
Was am 7. Oktober tatsächlich geschehen ist, wird vielleicht die Zukunft zeigen. Was wir bereits jetzt wissen, ist, dass die weit verbreiteten Narrative von geköpften Babys und Vergewaltigungen durch nichts belegt sind und dass viele Israelis im "friendly fire" ihrer eigenen Armee ums Leben kamen. Ein großer Teil der Getöteten auf israelischer Seite waren laut Ha'aretz Soldaten und Polizeikräfte. Es ist richtig, religiösen und nationalen Fanatismus und den Tod von Zivilisten zu verurteilen. Das gilt jedoch für beide Seiten und schon wegen des Umfangs noch viel mehr für die Zionistische. Sie jedoch ziehen es vor, einer bequemen Staatsraison zu folgen, der zufolge die palästinensische Bevölkerung kein Recht auf bewaffneten Widerstand gegen die israelische Besatzungs- und Vertreibungspolitik hat, Israel aber jedes noch so grauenhafte Kriegsverbrechen begehen darf und ungeschoren davonkommt.
Scott Ritter: Der Hamas-Angriff auf Israel am 7.Oktober
Der erfolgreichste militärische Überfall dieses Jahrhunderts
(...)
Was waren die Ziele dieses Angriffs? Nach Angaben der Hamas verfolgte der Überfall am 7. Oktober drei Ziele.
Erstens, das Recht des palästinensischen Volkes auf ein Heimatland, das nicht durch das Abaraham-Abkommen definiert ist, zu bekräftigen.
Zweitens die Freilassung der mehr als 10.000 Palästinenser, die von Israel gefangen gehalten werden, die meisten von ihnen ohne Anklage und ohne ein ordentliches Verfahren.
Drittens die Wiederherstellung der Unantastbarkeit der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem, der drittheiligsten Stätte des Islam, die in den letzten Jahren wiederholt von israelischen Sicherheitskräften geschändet worden war.
Um diese Ziele zu erreichen, musste der Überfall vom 7. Oktober die notwendigen Voraussetzungen für einen Sieg schaffen. Dies wurde erreicht, indem Israel ausreichend gedemütigt wurde, um ein vorhersehbares Ergebnis zu provozieren – die Umsetzung der Dahiya-Doktrin der kollektiven Bestrafung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen in Verbindung mit einem Bodenangriff auf den Gazastreifen, der die IDF in einen Hinterhalt der Hamas locken sollte.
Die Geiselnahme sollte der Hamas als Verhandlungsmasse für die Freilassung der 10.000 von Israel festgehaltenen Gefangenen dienen.
Die israelische Bombardierung und Invasion des Gazastreifens hat zu internationaler Empörung gegen Israel geführt, da die Welt vor der humanitären Katastrophe, die sich vor ihren Augen abspielt, zurückschreckt. Die Straßen der großen Städte auf der ganzen Welt sind voll von wütenden Demonstranten, die für das palästinensische Volk – und die palästinensische Eigenstaatlichkeit – demonstrieren. Die Vereinigten Staaten erklären nun, dass eine Zweistaatenlösung – etwas, was das Abrahams-Abkommen verhindern sollte – der einzige Weg für den Frieden im Nahen Osten ist.
Das hätten die Vereinigten Staaten am 6. Oktober niemals gesagt.
Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten diese Haltung eingenommen haben, ist auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober zurückzuführen.
Israel verhandelt mit den Vereinigten Staaten und anderen über einen möglichen Gefangenenaustausch zwischen den Hamas-Geiseln und bestimmten Kategorien politischer Gefangener – Frauen und Kinder -, die von Israel festgehalten werden (ja, Sie haben richtig gelesen – Kinder). Jetzt wissen Sie, wie weise die Entscheidung der Hamas war, israelische Kinder als Geiseln zu nehmen).
Ohne den Hamas-Angriff vom 7. Oktober wäre eine solche Möglichkeit niemals gegeben gewesen.
Und in Saudi-Arabien ist die größte Versammlung islamischer Staaten in der modernen Geschichte zusammengekommen, um die Gaza-Krise zu diskutieren. Einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte ist die Frage der Al-Aqsa-Moschee und die Beendigung der israelischen Schändung.
Eine Diskussion, die ohne den Hamas-Angriff vom 7. Oktober nie stattgefunden hätte.
Es versteht sich von selbst, dass der Hamas-Angriff vom 7. Oktober einen Feuersturm brutaler Vergeltungsmaßnahmen in Form von Bomben, Granaten und Kugeln auf die Zivilbevölkerung des Gazastreifens ausgelöst hat. Es handelt sich um Menschen, denen seit fast acht Jahrzehnten eine eigene Heimat von den Israelis verwehrt wird, die die Palästinenser in einem der größten Akte ethnischer Säuberung der modernen Geschichte – der Nakba oder Katastrophe von 1948 – gewaltsam aus dem Land vertrieben haben, das heute Israel heißt.
Diese Menschen haben unsägliche Entbehrungen durch die israelischen Besatzer erlitten, während sie auf den Moment warten, in dem ihr Traum von einer palästinensischen Heimat wahr wird. Sie wissen, dass ein palästinensisches Heimatland nicht verwirklicht werden kann, solange Israel von denjenigen regiert wird, die die Idee eines Groß-Israels (Eretz Israel) vertreten, und dass die einzige Möglichkeit, diese Leute zu beseitigen, darin besteht, sie politisch zu besiegen, und die einzige Möglichkeit, ihre politische Niederlage herbeizuführen, ist, sie militärisch zu besiegen.
Die Hamas ist dabei, dies zu erreichen.
Aber es gibt einen Preis zu zahlen – einen hohen Preis. Die Franzosen haben 20.000 Zivilisten verloren, um die Befreiung der Normandie im Sommer 1944 zu erreichen.
Bisher haben die palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen 12.000 Zivilisten verloren, die bei den Bemühungen der Hamas, ihre israelischen Besatzer militärisch zu besiegen, getötet wurden.
Dieser Preis wird in den kommenden Tagen und Wochen noch steigen.
Aber es ist ein Preis, der gezahlt werden muss, wenn es eine Chance auf ein palästinensisches Heimatland geben soll.
Das Opfer des palästinensischen Volkes hat eine arabische und islamische Welt in Zugzwang gebracht, die, von wenigen Ausnahmen abgesehen, gegenüber den von Israel an dem palästinensischen Volk verübten Verheerungen stumm geblieben ist. Die nichts unternommen hat, als die Sache der palästinensischen Staatlichkeit durch das Abraham-Abkommen erörtert wurde.
Nur aufgrund des Leidens des palästinensischen Volkes schenkt heute irgendjemand der Sache der palästinensischen Staatlichkeit Aufmerksamkeit.
Oder dem Wohlergehen der palästinensischen Gefangenen, die von Israel festgehalten werden.
Oder die Unantastbarkeit der Al-Aqsa-Moschee.
All dies waren die erklärten Ziele der Hamas bei ihrem Angriff am 7. Oktober.
Und alle Ziele werden in diesem Moment erreicht.
Nur dank der Aktionen der Hamas und der Opfer des palästinensischen Volkes.
Das macht den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober zum erfolgreichsten Militärangriff dieses Jahrhunderts.
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Tarik Cyril Amar: Kinder als Waffe: Die Entmenschlichung der Palästinenser ist zum Mainstream geworden
Die Wochenzeitung The Economist hat einen Artikel veröffentlicht, in dem vorgegeben wird, die Antwort darauf zu wissen, warum Israel so viele palästinensische Kinder tötet, oder, wie in der britischen Zeitschrift zu lesen, warum "Kinder einen sehr hohen Anteil der Opfer des Krieges im Gazastreifen ausmachen". Die Autoren stellten fest, dass "in der Ukraine, einem Konflikt zwischen zwei viel größeren Mächten, über einen viel längeren Zeitraum hinweg, Kinder weniger als 550 der etwa 9.800 zivilen Todesopfern ausmachten." Daher kamen sie zum Schluss: "Die enorme Zahl von Kindern unter den Todesopfern im Gazastreifen ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung dort besonders jung ist."
Dreist entfernten die Autoren die tatsächlichen Mörder aus dem Bild – die Kinder seien "dem Krieg" zum Opfer gefallen, nicht den Israelis. Es gab gerade genug Raum für die verlogenen Zweifel von US-Präsident Joe Biden an den von den Palästinensern gemeldeten Opferzahlen, die in Wirklichkeit mit Sicherheit höher liegen würden, um den Leser zum Staunen zu bringen. Er erwähnte aber nicht die wahre Antwort: "Es werden so viele Kinder getötet, weil Israel ein Kriegsverbrechen nach dem anderen gegen Zivilisten begeht, in der Verfolgung einer Strategie der kollektiven Bestrafung, die einem Völkermord und einer ethnischen Säuberung gleichkommt." Allerdings wurden diese Definitionen, wie das oft bei den Aktionen Israels der Fall ist, auf verschiedenen offiziellen Ebenen relativiert. Und all dies geschieht auch, weil es aufgrund der Komplizenschaft des Westens mit Israel möglich ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich beim Artikel im The Economist um ein ordinäres Beispiel für die westliche Mainstream-Berichterstattung handelt.
Doch es steckt mehr hinter dieser als cool und besonnen präsentierten Analyse, die im vornehmen englischen Stil gehalten wurde, komplett mit Statistiken und einem Diagramm. Unbeabsichtigt öffnet der Artikel ein weites Fenster zu etwas Hässlichem, aber sehr essenziellem: Zu dem Punkt, an dem Abhandlungen darüber geschrieben werden, wer wie viele Babys vorzuweisen hat, oder kurz gesagt, die Demografie auf die Entmenschlichung trifft, die Gräueltaten gegen Mitmenschen erleichtert.
Wie Khaled Elgindy, der Direktor des Programms für Palästina und palästinensisch-israelische Angelegenheiten am Middle East Institute, in der Newsweek erklärte, vermittelt entmenschlichende Rhetorik die Idee, dass "das Leben, das Leiden und die Menschlichkeit der Palästinenser weniger wert sind, als das Leben, das Leiden und die Menschlichkeit der Israelis". Und wie der Experte für Völkermord und Holocaust, Raz Segal, herausgefunden hat, ist der israelische Angriff auf den Gazastreifen nach den Kriterien der Völkermordkonvention der Vereinten Nationen von 1948 ein "Lehrbuchfall". Es ist ein typisches Element des Völkermords, andere Volksgruppen als weniger menschlich darzustellen.
Diese verheerende Waffe der massenhaften Falschdarstellung von Menschen und ganzen Volksgruppen gibt den Tätern das Gefühl, wie es bei vielen Israelis mittlerweile der Fall ist, zum Töten bereit und mit sich über das Ergebnis im Reinen zu sein. Es motiviert und schützt auch deren Komplizen, viele davon in der politischen, medialen und intellektuellen Elite des Westens. Für die Umstehenden gilt, für diejenigen, die angesichts des verzweifelten Schutzbedürfnisses der Palästinenser lediglich schweigen und passiv bleiben, inmitten eines entmenschlichenden Sprachgebrauchs, mit dem Palästinenser als "Tiere" und "Wilde" verhöhnt werden, und jene, die alle Aufrufe zum Protest dagegen ohne jede Nuance als Unterstützung für den "Terrorismus" bezeichnen: "Unterdrückt eure Empathie, betäubt alles, was noch von eurem Gewissen übrig ist und rationalisiert euer eklatantes moralisches Versagen."
Die The Economist-Autoren achten natürlich penibel darauf, den Schein zu wahren, indem sie ihre ekelhaften Argumente in reichlich Soziologie verpacken und über Durchschnittseinkommen, Geburtenraten und Sekundarschulbildung informieren. Aber ihre Botschaft kommt immer noch klar und deutlich zum Ausdruck: "Die Kinder im Gazastreifen sterben in Scharen, nicht, weil Israelis sie ermorden, sondern weil es so viele von ihnen gibt." Schritt eins der Entmenschlichung: Man höre auf, Kinder als Kinder mit Namen und Gesichtern zu betrachten. Man betrachte sie stattdessen als Zahlen und Statistiken. Und obendrein als übertriebe Zahlen.
Schritt zwei der Entmenschlichung: Die Tatsache, warum es so viele junge Palästinenser gibt, ist, wie wir aus dem Magazinbeitrag erfahren, keine normale Entwicklung einer menschlichen Gesellschaft. Durch den Vergleich der Palästinenser mit noch ärmeren Bevölkerungsgruppen auf dieser Welt, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die hohen Geburtenraten bei den Palästinensern eine Anomalie darstellen. Diese Anomalie kann nach Meinung der Autoren durch eine militante Politik erklärt werden, nämlich durch die Politik des Pronatalismus der palästinensischen Führer, begonnen vom verstorbenen Führer der PLO, Jassir Arafat, weitergeführt bis heute durch die Hamas. Kurz gesagt, Palästinenser werden als Menschen dargestellt, die, wie wir bereitwillig sagen, ihre eigene Fortpflanzung und damit ihre Kinder zur Waffe machen.
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Paul Schreyer (Multipolar): „Diesen Stein will keiner ins Rollen bringen“
Neue Dokumente bestätigen: Pfizer nutzte zwei unterschiedliche Verfahren, um die Corona-Präparate herzustellen. Eines war sauber und teuer und kam im Zulassungsverfahren zur Anwendung. Das andere war billig, führte zu verunreinigten Injektionen und einer massiv erhöhten Zahl schwerer Nebenwirkungen. Der so erzeugte Stoff wurde an die übrige Weltbevölkerung verimpft. Der Mediziner Florian Schilling erklärt, warum aus diesem Grund „jede rechtsgültige Einverständniserklärung von Geimpften hinfällig“ ist. (mit Korrektur und Ergänzung 9.11.)
Multipolar: Worüber wir heute sprechen, ist in seiner Tragweite kaum fassbar. Aus internen Pfizer-Dokumenten geht hervor, dass im Rahmen der Zulassungsstudie für die Corona-Präparate andere Stoffe getestet wurden, als man später an die Bevölkerung verabreichte. Sie, Herr Schilling, wiesen kürzlich in einem ausführlichen Beitrag darauf hin. Die israelischen Forscher Joshua Guetzkow und Retsef Levi haben den Sachverhalt zuerst öffentlich bekannt gemacht, die beiden haben die Pfizer-Dokumente, die seit längerer Zeit Stück für Stück in langwierigen Verfahren freigeklagt werden, gesichtet und in einem Brief, der im British Medical Journal im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, den Skandal geschildert. Bislang ohne nennenswerten Widerhall in der Öffentlichkeit. Niemand berichtet. Sie selbst haben ebenfalls erst kürzlich davon erfahren.
Zum Sachverhalt: Den Dokumenten zufolge gab es zwei grundsätzlich verschiedenartige Herstellungsverfahren. Pfizer nennt die beiden Verfahren intern „Process 1“ und „Process 2“. „Process 1“ ist das Verfahren, mit dem die Präparate hergestellt wurden, die den 22.000 Probanden im Zulassungsverfahren gespritzt wurden. Auf den Daten dieser Personen basieren die Aussagen zur Wirksamkeit und zu den Nebenwirkungen der Injektionen. Für den weltweiten Verkauf aber wurde dann – das ist neu – ein ganz anderes Herstellungsverfahren, „Process 2“, genutzt. Entscheidend dabei: Die Stoffe, die mit „Process 2“ hergestellt und weltweit vermarktet wurden, haben ein dramatisch anderes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil, als die „Process 1“-Präparate aus dem Zulassungsverfahren. Können Sie zunächst in einfachen Worten schildern, worin sich die beiden Herstellungsverfahren unterscheiden?
Schilling: Das in den Zulassungsstudien verwendete Verfahren ist ein steriles Verfahren. Das ist rein in vitro. Das heißt, die RNA wird hier maschinell vervielfältigt mittels PCR. Der Vorteil ist, dass es keine Kontaminationen geben kann. Wir erhalten ein hochreines Produkt, das im wesentlichen erstmal aus RNA besteht. Das andere Verfahren, das für die Bevölkerung zum Einsatz kam, basiert darauf, dass die RNA nicht steril maschinell kopiert wird, sondern von Bakterien.
Multipolar: Dass die Corona-Präparate mit Hilfe von Bakterien erzeugt wurden, haben zu Beginn der Impfkampagne, im Februar 2021, auch die Medien berichtet. In der ARD kam damals ein Sprecher der Pharmaindustrie zu Wort, der zum Herstellungsprozess erklärte, dass die von Bakterien vervielfältigte RNA zunächst umgeben sei von „DNA und vielen anderen Enzymen und weiteren Faktoren“ und man sie deshalb „erstmal super reinigen“ müsse von diesen unerwünschten bakteriellen Stoffen. Der Spiegel erklärte das Verfahren damals auch und beruhigte aber: „Das staatliche Paul-Ehrlich-Institut prüft Stichproben und überwacht die Produktionsstätten.“ Die Information, die damals an die Öffentlichkeit ging, war also: Das ist ein neuartiges Verfahren. Da muss man das Präparat erst einmal sehr genau reinigen, was aber überhaupt kein Problem ist. Das Paul-Ehrlich-Institut überprüft alles. Doch zurück zum Verfahren: Die RNA wird mit Hilfe von Bakterien kopiert, was passiert da genau?
Schilling: Diese Bakterien werden mit dem gewünschten Genom versehen. Das wird implantiert in das Genom dieser Bakterien. Die Teilung der Bakterien kann man ja gezielt anregen, das ist dieser Bioreaktor, von dem gesprochen wird. Bei jeder Teilung wird jetzt das Zielgenom mitkopiert, mitvervielfältigt. Am Schluss werden die Bakterien getötet, lysiert, und das gewünschte Genom durch einen Reinigungsprozess entnommen. Der Nachteil des Verfahrens liegt auf der Hand: Wir haben nicht von vornherein steriles Material, sondern müssen dieses massiv mit bakteriellen Komponenten kontaminierte Material auf einen sterilen Status bringen. Das ist extrem aufwendig, vor allem in der Größenordnung, von der wir hier sprechen, in dieser Skalierung, in der die Produktion erfolgt ist. Ganz offensichtlich gibt es hier erhebliche Qualitätsdefizite.
Multipolar: Es liegen Dokumente von der EMA vor, der Europäischen Arzneiaufsicht, die für die Zulassung der Präparate Ende 2020 zuständig war, aus denen hervorgeht, dass die EMA von Anfang an darüber Bescheid wusste, dass es in dieser Hinsicht große Probleme gibt. Stichwort: RNA-Integrität in den Impfstoffen. Was steht in diesen Dokumenten? Was hat die EMA damals bemängelt? Und was ist dann Ende 2020 kurz vor der Zulassung passiert?
Schilling: Es wurde hier nach Auslieferung der ersten Chargen, die an die Bevölkerung gehen sollten, festgestellt, dass das Material in diesen Impfstoffen, die Pfizer da geliefert hat, in der Qualität nicht dem entsprach, was aus Stichproben der Zulassungsstudien bekannt war. RNA-Integrität ist schlicht und ergreifend der Zustand dieses RNA-Strangs, der hier in den Nano-Partikeln verpackt ist. Exakt das, was es laut Bauplan sein sollte. Es fehlt also nichts und es ist auch nichts drin, was nicht drin sein sollte. Hier wurde festgestellt, dass extrem viele RNA-Fragmente vorhanden sind. Das heißt, dieser genetische Code liegt nicht laut Plan vor, sondern Teilstücke davon, Bruchstücke.
Das Problem dabei ist, dass erstens nicht genau das Protein daraus entsteht, was laut Plan entstehen soll, also in diesem Fall das Spike. Wenn diese Bruchstücke abgelesen werden, entstehen unkontrolliert kleine Proteine, sogenannte Peptide, die man vorher nicht untersucht hat und die auch nicht gewollt sind. Was diese Peptide im Körper machen, ist unbekannt. Wir haben also zwei Effekte: Erstens wird das eigentlich gewünschte Endprodukt von den Zellen aus solchen Fragmenten nicht mehr hergestellt. Zweitens besteht ein hohes Risiko, dass Proteine produziert werden, die nicht gewollt sind, mit völlig unbekannter Wirkung im Organismus. Das hat die EMA festgestellt und bei Pfizer moniert.
Multipolar: In welcher Größenordnung waren denn die Verunreinigungen, die die EMA damals festgestellt hat?
Schilling: Massiv. Die Vorgabe war, dass hier Abweichungen von der Ziel-RNA im Bereich von wenigen parts per million (ppm) stattfinden dürfen. Das heißt, eine Häufigkeit von fehlerhaftem Genom im Bereich von etwa eins zu 300.000 bis eins zu einer Million. Das war die Bandbreite, die die EMA im Vorfeld als akzeptabel erklärt hatte. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Integrität dramatisch niedriger war. Wir reden hier vom Prozentbereich. Tatsächlich waren nur etwa 55 Prozent der RNA in diesen ersten Chargen intakt. 45 Prozent waren Müll, von dem keiner weiß, was daraus entsteht.
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Der folgende Artikel ist im August 2015 erschienen, er hat also ein geradezu historisches Alter im Vergleich zu den sonst hier empfohlenen Texten. Beim Aufräumen von alten Papieren, die ich früher mal bemerkenswert fand, kam er zum Vorschein. An diesen erinnerte ich mich gut, weil er mir damals vieles klar machte, was ich noch nicht verstand. Und heute wirkt er verblüffend aktuell im Blick auf den Niedergang der Partei die LINKE. Hier bringen wir nur den ersten Teil des langen Artikels, den man als PDF-Version herunterladen kann.
Christel Buchinger: Isoliert, zerstritten, elitär: Die Linken verweigern den Kampf um Hegemonie
Ich wollte mit einer langen Erklärung mein Abonnement der Jungen Welt kündigen. Daraus wurde dieser Essay. (...)
Ich habe die Junge Welt gekündigt, weil sie ausgerechnet an Brennpunkten der politischen Entwicklung versagt, wo es gerade heute bedeutsam ist, genau hinzuschauen, in die Tiefe zu gehen, zu recherchieren, zu diskutieren, zu fragen. Ich spreche damit neben der Berichterstattung zu Griechenland, das völlige Versagen beim Thema Geschlechterverhältnisse an, vor allem aber den Friedenswinter. Ich will den Umgang mit dem Friedenswinter, respektive mit den Montagsmahnwachen, kritisch beleuchten, wissend, dass die Junge Welt auch diese Meinungsäußerung dazu nicht ernst nehmen wird. Wer Rainer Rupp dermaßen abblitzen lässt, schert sich um die Meinung einer ehemaligen Leserin nicht.
Bei Friedenswinter und Montagsmahnwachen deutete sich eine neue Entwicklung an, Bewegung und Aufruhr entstanden, ohne dass, wie es traditionell der Fall ist, die Linke ihre Finger im Spiel hatte. Im Gegenteil: die Bewegungen entstanden gerade auf diese Art und Weise, weil die Linke sich vor entscheidenden Auseinandersetzungen und Zuspitzungen drückt, den Kampf um Gegenhegemonie zum Neoliberalismus und zur Kriegstreiberei geradezu verweigert. Das betrifft die ganze Linke, nicht nur die gleichnamige Partei. An dem Eindruck, dass der Kampf um Gegenhegemonie verweigert wird, ändern auch die aufgeblasenen Backen von Monty Schädel und anderen Helden nichts. Weil ein Vorwurf und eine Begründung, warum man sich von den Veranstaltungen fernhalten muss, der auch von der Jungen Welt wiedergegeben wird, jener ist, unter den Demonstranten und Aktivisten des Friedenswinters und der Montagsmahnwachen befänden sich Verschwörungstheoretiker, beginne ich mit einer Verschwörungstheorie.
1. Verschwörungstheorie im Selbstversuch
Größeren Katastrophen gehen oft Vorwarnungen voraus. Kleine Erdbeben kündigen große an, der Vulkan spuckt und raucht, bevor er ausbricht. Und so waren die Herrschenden gewarnt. Der erste Warnschuss hieß Stuttgart 21.
Viele Menschen aus Stuttgart und Umgebung engagierten sich gegen dieses Bahnprojekt, gingen auf die Straße, zogen nach Berlin, dachten sich phantasievolle Aktionen aus, gingen so weit, neue Aktionen des zivilen Ungehorsams zu erproben, zum Beispiel Bäume zu besetzen. Der Protest strahlte in das ganze Land aus. Er traf tief und breit in die Gesellschaft, erfasste viele Menschen, auch weit über die Region hinaus. Die Kritik war fundiert, sie berührte in Einzelfällen gar das Gesellschaftssystem als ganzes. Und der Prostest ist immer noch nicht zu Ende, kann jederzeit wieder ausbrechen, die Aktivisten sind noch nicht geschlagen.
Dann kamen die Montagsmahnwachen. Der Protest entzündete sich an der Ukraine-Krise. Hier ging es nicht nur um einen Bahnhof.
Die Herrschenden sahen sich einer neuen Gegnerin gegenüber. Aus dem Nichts war eine Bewegung aufgetaucht, die üblichen Verdächtigen, Linke, Friedensgruppen waren nicht beteiligt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren ähnlich empört wie die in Stuttgart, der Initiator politisch ein unbeschriebenes Blatt. Und es kam noch schlimmer: ohne organisatorischen Rückhalt durch gewachsene Strukturen, Parteien, Gewerkschaften breitete sich die Bewegung über das ganze Land aus. Es kamen einfach Leute aus allen Löchern, versammelten sich und protestierten. Zum Höhepunkt waren jeden Montag mehrere tausend Demonstranten auf den Beinen. Ähnlich wie bei den Occupy-Protesten durfte jede reden, die wollte. Und sie redeten. Gutes und Krauses. Unbekannte und Promis waren da. Auffallend viele Frauen gingen einfach ans offene Mikro und redeten los, was sie dachten und was sie erlebt hatten.
Man kann sich den Unmut vorstellen, den diese Friedensinitiative bei den Mächtigen, den Kriegstreibern, den Oligarchen, den Rüstungsgewinnlern und ihren Bütteln in Politik und Medien hervorrief. Die schöne Farbenrevolution, der Menschenrechtsaufstand wurden desavouiert. Der gut und von langer Hand vorbereitete Regimechange, das Herausbrechen der Ukraine aus dem Einfluss Moskaus war öffentliches Thema und wurde ungestüm kritisiert. Offen wurde gemacht, dass es um Krieg und Frieden ging, und das bunte Völkchen, das, wie sagt man doch gleich, aus der Mitte der Gesellschaft kam, verweigerte offen die Gefolgschaft. Dabei war alles so schön vorbereitet. Nicht dass die Herrschenden fürchten müssten, wirklich einen Fight zu verlieren, aber der Angriff ging auf den Kernbereich der Macht, aufs Ganze.
Die Herrschaft der staatsmonopolistischen Oligarchie ist selbstverständlich noch nicht angefochten, alle Herrschaftsinstrumente sind fest in ihrer Hand, sie sind waffenstarrend, sie bauen ihre Geheimdienste aus, die Polizei wird paramilitärisch aufgerüstet. Aber sie spüren, dass ihre Hegemonie, ihre Herrschaft über das Bewusstsein der Menschen, in Frage gestellt wird. Die logische Reaktion war, die Medienwalze in Bewegung zu setzen. Da kam Jutta Ditfurts Aufschlag gerade recht: da versammeln sich Antisemiten, glühende sogar, Verschwörungstheoretiker und Querfront-Anhänger und tarnen sich als Friedensbewegung! Damit gab sie die Stichworte für die Medien. Alle (fast alle) plapperten nach, kaum jemand bemühte sich hin und befragte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder die Organisatoren, recherchierte und bewertete aufgrund von Kenntnis. Das Foto eines Nazis, der ohne Fahne oder Umhängeschild in der Menge stand, reichte. Ein Shitstorm der Medien brach los.
Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wiederum führte das zu neuer Erkenntnis der Manipulationsmacht der Medien. Viele Linke aber verjagte er gänzlich in die Mauselöcher. Um Gottes Willen nicht wieder Anlass für den Vorwurf des Anitsemitismus geben!
Ob Ditfurth wusste, wessen Geschäft sie da betrieb?
Weiter ging’s: Die Mahnwachen sind von der NPD initiiert, werden von ihr als Friedensbewegung 2.0 bezeichnet. Praktischerweise tauchte Elsässer als Redner auf, der Querfrontler, der mit Ultrarechten paktierte, dem die Nähe zu Nazis nichts ausmacht. Über Mährholz wurde enthüllt, dass er dereinst einer merkwürdigen Journalistenvereinigung angehörte, die von einem deutschnationalen Burschenschaftler gegründet worden war. Und Ken Jebsen wurde beim Rundfunk gefeuert, weil man ihm Antisemitismus vorwarf. Der Vorwerfende war damals Henryk Broder.
Antisemiten, Nähe zu Nazis, das ist normalerweise ein politisches Todesurteil. Aber die Bewegung gab nicht klein bei. Die Vorwürfe wurden zurückgewiesen, entkräftet, relativiert. Die Bewegung ging weiter, wurde größer. Die Hatz auch. Da blieben noch zwei scharfe Waffen für die Obrigkeit. Erstens die Spaltung und zweitens …
Zum ersten Punkt, der Spaltung wollen wir später kommen. Beginnen wir mit der zweiten Waffe: die Gründung einer neuen Bewegung, die geeignet ist, alle weiteren Bewegungen dieser Art zu diskreditieren und ganz nebenbei die vorhandene Wut der Menschen auf die Verhältnisse auf AusländerInnen und Muslime umzuleiten.
Man nehme: eine geklaute Idee (Mahnwachen) oder eine Idee, die im ersten Anlauf schief ging (Hogesa), ein paar V-Leute, Staatsknete, ein Thema (Angst vor Islamisten), lasse aber auch andere Themen zu, z.B. Kritik an den Medien.
Man suche sich einen Ort aus, am besten im Osten Deutschlands, dort ist die rechte Szene stark.
Über die sozialen Netzwerke wird der Aufruf lanciert. Erste Aufmärsche werden von der Presse hochgeschrieben, das ganze von Rundfunk und Fernsehen mit einer Mischung aus Grusel und Neugier übergossen. Immer mehr Demonstranten nahmen teil, tausende waren es schnell, die Zahl Zehntausend wurde überschritten. Es gibt genügend Unzufriedene. In anderen Städten ging’s weiter: wiederum ein paar V-Leute, Geld, Medienrummel. Die Vorwürfe von Medien und Politik waren die gleichen wie bei den Montagsmahnwachen: Rechtsradikale und Antisemiten, Rassisten und Fremdenhasser. Da die Nazis zu den Demos mobilisierten, war das stimmig. Was die Masse der Demonstrierenden wollte oder dachte, wer wusste das? Angereichert wurde noch durch Todesdrohungen durch Antideutsche gegen den sog. Initiator Bachmann.
Und dann der Knaller: Bachmann, einer der Strippenzieher erschien im Internet als Hitlerimitator und verbreitete auf seinem Facebook-Account bösartige, rassistische Sprüche gegen Flüchtlinge. Beweis erbracht. Beweis organisiert. Die Demonstranten wurden weniger, die Nazis übernahmen und bekräftigten damit den „Beweis“. Bachmann trat erst zurück, kam dann wieder.
Im Folgenden wurden Montagsmahnwachen mit Pegida und seinen Ablegern konsequent in einen Topf geworfen. Das war’s.
Das alles wäre leicht durchschaubar gewesen, wenn es nicht die Flankierung von links gegeben hätte. Sie verlieh dem Schmierentheater Glaubwürdigkeit. Wenn Bildzeitung, Welt, Zeit, Linke und Friedensaktivisten das gleiche sagen, muss es ja stimmen. Den Friedenswinter diskreditieren mittels Montagsmahnwachen, das kann nur die Linke selber leisten. Deshalb kommen wir jetzt zur ersten oben genannten Waffe, der Spaltung.
Auch hier stand am Beginn Jutta Ditfurth. Sie gilt als Linke. Ihr Angriff galt vordergründig Jürgen Elsässer. Sie zielte auf Elsässer, aber sie meinte die Friedensdemonstrantinnen und -demonstranten. Jürgen Elsässer hat seine politische Karriere ganz links begonnen, beim Kommunistischen Bund, er publizierte bei der linken Tageszeitung Junge Welt. Inzwischen ist sein Markenzeichen die Vermischung von linken und rechten Positionen. Er ist ein Rechter, aber kein Nazi. Ihn als „glühenden Antisemiten“ zu bezeichnen, war völlig überzogen. Wer es dennoch tut, will nicht kritisieren, sondern eine Kampagne eröffnen. Und das war dann auch der Fall. An ihr beteiligten sich Antideutsche, die sich selber als links bezeichnen, aber kaum dieser politischen Seite zugerechnet werden können, es beteiligten sich aber auch Linke aus der Partei DIE LINKE und aus der Friedensbewegung; es beteiligten sich ebenso linke Presseorgane wie das Neue Deutschland, die Junge Welt oder die linksliberale Wochenzeitung Freitag sowie die Zeitschrift konkret. In Facebook und in Blogs waren der Shitstorm kaum noch zu überschauen. Ein Grundmuster war das „In einen Topf werfen“. Pegida und Montagsmahnwachen, Elsässer und Jebsen, Pegida und Friedenswinter. Ein anderes war der Angriff auf alle, die es wagten, die Vorwürfe zu relativieren oder gar sich an den Montagsmahnwachen zu beteiligen. Die Jungle World schrieb: „Na, von wem ist hier die Rede? Vom Pegida-Mob oder vom Mahnwachen/Friedenswinter-Mob? Von beiden! So groß ist der Unterschied nicht. Der Friedenswinter ist Pegida für Linke und Pegida die Mahnwachenbewegung für Rechte.“ Die Partei DIE LINKE fasste schnellstens Unvereinbarkeitsbeschlüsse wie seinerzeit die alte Tante SPD: Wo Montagsmahnwachen drin sind, wird von der Partei nicht finanziell unterstützt. Einzelne Linke, die sich über den Bannfluch hinwegsetzten, waren Angriffen ausgesetzt. Es traf zum Beispiel Prinz Chaos II., Pedram Shahyar, Dieter Dehm und Heike Hänsel, die bei den Mahnwachen auftauchen, sowie Friedensaktivisten wie Reiner Braun, der das Gespräch und die Zusammenarbeit suchte. Wer sich den Montagsmahnwachen, und sei es auch nur interessiert, näherte, wurde sofort angegriffen. Viele zogen den Schwanz ein. Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse von diversen Friedensinitiativen folgten.
Nun war es ein Leichtes den Friedenswinter in aller Gemütsruhe ebenfalls fertig zu machen. Das schafften Linke ganz allein. Da mussten die Medien gar nichts mehr tun. Die ersten Erklärungen zur Nichtteilnahme am Friedenswinter von VVN bis DKP verhallten medial, aber nach innen hatten sie Wirkung. Auch Tobias Pflügers Distanzierung war sicher wirksam. Im Ergebnis war die alte , linke Friedensszene gespalten, der Friedenswinter konnte nicht die notwendige Kraft entfalten. Das Spiel der Herrschenden war aufgegangen.
2. Verschwörungen
In Deutschland ist „Verschwörungstheoretiker“ ein Schimpfwort. Warum ist das so? Und warum greift sogar die Linke auf diese Bezeichnung zurück? Auch unter Linken ist doch bekannt, dass es Verschwörungen gab und gibt. Große Verschwörungen, wie diejenige, Hitler an die Macht zu bringen. Den Tonkin-Zwischenfall, den die USA-Regierung erfand, um den Vietnamkrieg zu beginnen. Es waren Linke, die große Verschwörungen enthüllten. Die Enthüllungen um Gladio und die Stay Behind-Truppen der NATO haben Verschwörungen gegen die Nachkriegsdemokratien in schwindelerregendem Ausmaß gezeigt. Putsche und Putschversuche in Herzen Europas waren die Taten dieser Gladios. Hätten wir das in den Siebzigern behauptet, was wäre passiert?
Verschwörungstheorien gibt es, weil es Verschwörungen gibt. Viele Verschwörungstheorien wurden im Laufe der Zeit bestätigt. Dass Terror und Staat vom gemeinsamen Teller essen und gemeinsam Leichen im Keller haben, vermutete Hannes Wader in den Siebzigern. Wer hat darüber gelacht oder den Kopf geschüttelt? Spätestens seit 9/11 versuchen die Herrschenden und ihre Medien, jene Menschen zu verleumden, lächerlich zu machen, die der viel lächerlicheren offiziellen Erklärung zu den Anschlägen eigene Recherchen entgegenstellen. Sie nennen sie Verschwörungstheoretiker.
3. Zweiter Selbstversuch einer Verschwörungstheorie
Etwas, was in Demokratien oder aufgrund des Völkerrechts nicht durchsetzbar ist, aber gewollt von Mächtigen, wird heimlich durchgezogen. Das nennt man eine Verschwörung. Es wird dazu eine Geschichte fabriziert, das ist die dazugehörige Verschwörungstheorie der Herrschenden. Das Problem an Verschwörungen ist, dass sie früher oder später auffliegen. Dann wird die bisher in Umlauf gebrachte Story, die alle Medien nachgebetet haben, in Frage gestellt und investigative Journalisten zum Beispiel arbeiten an einer neuen Geschichte. Diese werden nun von den Medien, von interessierten Kreisen, von Geheimdiensten, die in die Verschwörung verwickelt waren, ironischerweise als Verschwörungstheoretiker beschimpft. Und damit das V-Wort auch ein Schimpfwort ist oder wird, beteiligen sich die „Dienste“ im Auftrag der Oberen an der Produktion von Verschwörungstheorien, verrückten und absurden oder glaubwürdigen. Beide Sorten kann man gut brauchen. Die glaubwürdigen, damit viele kritische Menschen, die den Oberen nicht mehr alles glauben, sich damit beschäftigen und verwirrt werden, wenn die Unglaubwürdigkeit der Theorien nachgewiesen wird und absurden, damit man dann die Verschwörungstheoretiker öffentlich und medienwirksam lächerlich machen kann.
Ich glaube also, dass die Geheimdienste des Westens und ihre Beauftragten das Internet mit Verschwörungstheorien überschwemmen, um die wirklichen Verschwörungen unsichtbar zu machen. Darauf fallen viele rein. Auch Linke. Auch die Junge Welt.
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Tom J. Wellbrock: Distanzieren und positionieren: Innerer Frieden durch äußere Feindbilder
Die "Königsklasse" der Distanzierung ist die Positionierung. Egal, um welchen Konflikt es sich handelt, und völlig unerheblich, wo die Gründe und historischen Zusammenhänge liegen mögen, ohne Positionierung geht es nicht. Wie genau die aussieht, geben Politik und Medien vor. Sie "helfen" dem gemeinen Medienkonsumenten, die Zusammenhänge zu verstehen und – vor allem! – die passende Positionierung aufzubauen. (...)
Also wird sich eine Meinung gebildet, eine, die gut passt und nicht aneckt. Wenn alle der Meinung sind, dass Partei A böse und Partei B gut ist, schwingt man sich auf dieses Pferd und reitet es, selbst wenn es längst tot ist, bis zum Horizont. Man ist nicht allein mit seiner Meinung, man positioniert sich, man redet mit und ist moralisch auf der sicheren Seite. (...)
Das Tückische daran: Man verlässt mit dieser Herangehensweise die Möglichkeit, den Konflikt zweier Parteien zu lösen. Die wiederum sind daran sehr interessiert, brauchen sie doch Unterstützer und Helfer für ihre Sache. Und so beteiligt man sich als dritte Partei mit dieser Praxis an der Eskalation, inklusive des fragwürdigen inneren Friedens, den man zuvor mit sich geschlossen hat.
Man muss selbstverständlich unterscheiden zwischen mindestens zwei Kategorien: Zivilisten und Politiker. Der Zivilist – hier ist der gemeine Medienkonsument gemeint – ist launisch, hat – wie gesagt – mit seinem eigenen Kram genug zu tun und darf sich die Freiheit herausnehmen, spontan, unreflektiert und emotional zu urteilen. Es wäre zwar überaus vernünftig, würde er eine andere Herangehensweise wählen, aber man kann es nicht von ihm erwarten.
Der Politiker spielt eine gänzlich andere Rolle. Er darf eben nicht launisch agieren, von kurzfristigen Emotionen geleitet und eskalierend. Er muss Besonnenheit zeigen, muss seine Worte und Taten durchdenken, abwägen, welche Reaktion seinerseits wohin führt. Das ist ein Aspekt der Kunst der Diplomatie. Der Politiker muss also möglichst beide Perspektiven einnehmen, ohne sich für eine zu entscheiden. Er muss aus der Kenntnis der Perspektiven Handlungen ableiten, die zu einer Lösung führen können.
Nun ist das leider zutiefst graue Theorie geworden, denn deutsche Politiker haben weder den Willen noch die Kompetenz, so zu agieren, wie es gerade beschrieben wurde. Sie sind mit Haut und Haar im Distanzierung-Positionierung-Modus, was sie anfällig macht für eskalierende und hochgradig dumme Entscheidungen, denen allerdings durchdachte Pläne vorausgehen.
Das Gegenmodell: Keine Positionierung
Vor lauter Positionieren und Distanzieren gerät eine simple Tatsache in den Hintergrund: nichts, aber auch gar nichts, wird dadurch besser, im Gegenteil. Erst kürzlich hat Wladimir Putin in einer Rede gesagt:
"Aber wir sollten uns nicht, dazu haben wir kein Recht und wir können es uns nicht leisten, von Emotionen leiten lassen."
Doch, schallt es aus dem Westen, wir lassen uns von unseren Emotionen leiten! Und wir sinnen auf Rache, wenn die Gegenseite etwas tut, das uns nicht passt. Auch zum Thema Rache hat Putin klare Vorstellungen:
"Wir sehen auch, dass leider der Grundsatz der kollektiven Verantwortung dazu benutzt wurde, Rache zu üben, anstatt die Verbrecher und Terroristen zu bestrafen. Die schrecklichen Ereignisse, die sich derzeit im Gazastreifen abspielen, wo Hunderttausende von unschuldigen Menschen, die einfach nirgendwo hinlaufen und sich nicht vor dem Bombardement verstecken können, wahllos abgeschlachtet werden, sind in keiner Weise zu rechtfertigen. Wenn man blutige Kinder sieht, wenn man tote Kinder sieht, wenn man sieht, wie Frauen und alte Menschen leiden, wenn man sieht, wie Ärzte sterben, dann ballt man natürlich die Fäuste und hat Tränen in den Augen. Anders kann man es nicht sagen."
Und so fällt bei all dem Positionieren eine Position aus dem Blickfeld: die der Opfer, der Menschen, die mit dem Krieg – mit jedem Krieg – nichts zu tun haben, die unter ihm leiden, die sterben. Nachdem Israel ein Flüchtlingslager angegriffen und dabei Zivilisten getötet hatte, sagte ein Sprecher der Armee:
"Das ist die Tragödie des Krieges."
Man kann dieser Aussage gar nicht laut genug widersprechen! Die Tragödie des Krieges ist der Krieg selbst, und der Krieg selbst ist kein Naturereignis, sondern die Folge menschlichen Handelns. Putin hat recht, wenn er sagt, dass man sich nicht von Rache leiten lassen dürfe, doch genau die dominiert die Entscheidungsträger in Israel, aber auch in Deutschland. Das hängt mit der emotionalisierten Positionierung zusammen, die irrational und schädlich ist.
Nun kann man mit viel Wohlwollen bis zu einem gewissen Punkt das Sinnen nach Rache auf israelischer Seite noch hinnehmen (wenngleich dieser Punkt inzwischen längst und deutlich überschritten wurde), man kann also aufgrund der eigenen Betroffenheit Israels auch auf der politischen Ebene eine Form der Emotionalisierung als zumindest nachvollziehbar bezeichnen. Doch insbesondere die gespielten Gefühlsausbrüche in Deutschland sind erstens nicht glaubwürdig und zweitens destruktiv.
Die Rollen in einem Krieg sind recht klar verteilt. Es gibt meist einen Angreifer und einen, der sich verteidigt. Wie man Verteidigung definiert, ist längst nicht mehr klar, denn sie wird mittlerweile auch mit offenen Angriffen in Verbindung gebracht, und seit dem 7. Oktober sogar mit der "Tragödie des Krieges", dass Frauen und Kinder getötet werden. Dieser Punkt schreit nach einem Einschreiten und nach einer erneuten Ausrichtung des moralischen Kompasses.
Für diese Ausrichtung wäre die dritte Rolle des Krieges auszufüllen, die Rolle der unbeteiligten dritten Partei. Diese kann und darf sich nicht positionieren, sie kann und darf keine Partei ergreifen, sondern muss sich ausschließlich auf Lösungen fokussieren. Denn erst, wenn wir aufhören, uns für eine Seite zu entscheiden, können wir uns um das Kriegsende kümmern. Wir, das ist Deutschland, das sind aber auch andere Länder, deren Verantwortung darin besteht, Wasser statt Öl ins Feuer zu gießen. (...)
Die Positionen von Israel und Palästina sind klar und derzeit unversöhnlich. Daran tragen andere Länder eine Mitschuld. Und so wäre es in ganz besonderem Maße ihre Pflicht, versöhnliche Töne anzuschlagen. Bei einem Konflikt dieses Ausmaßes kann es keine schnellen Lösungen geben, aber das Verhalten Außenstehender trägt dazu bei, zumindest lösungsorientiert zu denken und zu handeln. Der subjektiven Betroffenheit der Kriegsparteien muss mit objektiver und friedfertiger Unaufgeregtheit begegnet werden. Das ist eine große Verantwortung, und wer noch ein wenig diplomatisches Blut in seinen Adern fließen lässt, nimmt diese Herausforderung an, statt einen Gewehrlauf auf sie zu richten.